Privatkonkurs: „Quote ist der Erfolgsschlüssel“

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KSV-Experte Kantner kritisiert die Regierungspläne: Die Abschaffung der Quote verursache volkswirtschaftlichen Schaden.

Wien. Am Donnerstag trifft sich erstmals die Insolvenzrechtsreformkommission. Da dürften gleich die Fetzen fliegen. Denn die Pläne der Regierung, im Privatkonkursverfahren die bisherige Quote von zehn Prozent abzuschaffen und die Frist im Abschöpfungsverfahren von sieben auf drei Jahre zu verkürzen, stoßen nicht nur auf Gegenliebe.

Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV), übt scharfe Kritik. Die Änderung würde nicht einen Menschen mehr dazu bringen, Privatkonkurs anzumelden, sagte er am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Derzeit fließen den Banken jährlich 750 bis 780 Mio. Euro zurück. Ohne Mindestquote würde es kaum Zahlungspläne, kaum Quoten und damit auch kaum Rückflüsse mehr geben. „Damit wäre der volkswirtschaftliche Schaden noch größer und Kredite würden sich um etwa einen Viertel Prozentpunkt verteuern.“
Kantner verweist auf Deutschland: Während hierzulande 73 Prozent der Schuldner den Zahlungsplan mit einer Quote von zwölf bis 15 Prozent erreichen, sind es in Deutschland nur zwei Prozent. Gezahlt wird so gut wie nichts. „Die Quote ist der Schlüssel zum Erfolg, sie animiert Schuldner, sich anzustrengen.“

Gut findet Kantner, dass die Regierung das Scheitern „entstigmatisieren“ will, sodass ein Unternehmer eine zweite Chance bekomme. Dafür jedoch das gesamte Privatkonkursrecht zu kippen, sei aus genannten Gründen falsch. Zumal der Wegfall der Mindestquote an der Zahl der 150.000 Österreicher, die überschuldet und zahlungsunfähig sind, nichts ändern würde. „Ein Privatkonkursverfahren setzt regelmäßiges Einkommen voraus, das haben die meist nicht.“

Sinn würde eine bevorzugte Schuldenregulierung jedoch für gescheiterte Unternehmer machen, sagte Kantner. Das sind nicht so wenige: Ein Drittel der rund 8000 Privatkonkurse (2016) entfällt auf ehemalige Unternehmer und die Hälfte der Unternehmensinsolvenzen, rund 2600 betrafen Einzelunternehmer.

Zweiter Anlauf erfolgreicher

„Gründern muss man allen Mut machen, um es wieder zu probieren“, betonte Kantner. Je mehr Gründungen, desto mehr Erfolge aber auch Misserfolge werde es geben. Je weniger es Angst vor dem Scheitern gebe, desto früher werde ein Unternehmer zum Konkursrichter gehen und desto höher werde die Quote ausfallen. Zumal die Erfahrungen zeigten, dass Gründer beim zweiten mal erfolgreichen seien, die Firma schneller wachse und mehr Arbeitsplätze geschaffen würden.

Nichts abgewinnen kann Kantner auch den von der EU-Kommission angestoßenen und der Regierung aufgenommenen Plänen eines neuen Sanierungsverfahrens für Unternehmen. „Wir haben eine gut funktionierendes Sanierungsverfahren, von dem ein Drittel der Pleitefirmen Gebrauch machen.“ (eid)

Auf einen Blick

Die geplante Reform des Privatkonkursrechts kritisiert KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner scharf. Er glaubt, dass durch den Wegfall der Quote nicht mehr Menschen ein Verfahren anstreben. Für gescheiterte Unternehmer könnte eine Vereinfachung aber Sinn machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

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