Geht Elektroautos der Strom aus?

Parkplatz f�r Elektroautos
Parkplatz f�r Elektroautos(c) APA/dpa-Zentralbild/Jan Woitas (Jan Woitas)
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Österreichs Autofahrer brauchen mehr Energie als im EU-Schnitt. Der Umstieg auf E-Autos allein löst das nicht. Soll der Verkehr 2050 grün sein, muss er Verbrauch um zwei Drittel sinken.

Wien. Wenn es um ihr Auto geht, sind die Österreicher ziemliche Egoisten. Von 100 heimischen Fahrern haben im Schnitt nur 16 auch einen Beifahrer neben sich sitzen. Alle anderen stauen sich lieber allein durch den Morgenverkehr – und sorgen so dafür, dass der Energieverbrauch im heimischen Verkehr stark steigt. Zwischen 1990 und 2015 erhöhte sich der Energiebedarf in dem Sektor um 85,5 Prozent. Zum Vergleich: im EU-Schnitt liegt dieser Wert gerade einmal bei 24,2 Prozent.

Ein Teil des Unterschieds erklärt sich dadurch, dass Österreichs Tankwarte (und Finanzminister) internationale Lkw-Fahrer mit günstigen Spritpreisen zu heimischen Tankstellen lotsen. Aber auch wenn man diesen Tanktourismus wegrechnet, stieg der Energieverbrauch der heimischen Pkw um fast 50 Prozent und jener der Lkw um zwei Drittel. Gut 90 Prozent der benötigten Energie wurden aus Erdöl gewonnen.

Ist das Ziel, bis 2050 weitgehend auf fossile Energieträger zu verzichten, damit bereits außer Reichweite? Die Lösung der heimischen Politiker und der Stromwirtschaft ist klar: Neben ein bisschen mehr Biotreibstoffen im Tank sollen vor allem Elektroautos die Wende bringen. Mit einer Vielzahl an Förderungen, Kaufprämien und anderen „Goodies“ sollen die Österreicher sanft dazu gedrängt werden, alsbald von ihren alten Fossilen auf E-Autos umzusteigen.

Alle brauchen mehr Strom

Selbst wenn das gelänge, wäre das Problem damit noch nicht gelöst. Denn viele Alternativen zum Benziner oder Diesel-Pkw seien entweder nicht so umweltfreundlich, wie sie klingen, oder von Versorgungslücken bedroht, heißt es in einer Studie des – eher grün-affinen – Verkehrsclub Österreich (VCÖ). So werden bei Agrartreibstoffen etwa die umweltschädlichen Effekte der für die Produktion oft nötigen Rodungen nicht eingerechnet. Wasserstoffautos sind heute noch größtenteils von fossilem Erdgas abhängig. Und selbst Elektroautos sind für die Umwelt nur dann ein wirklicher Fortschritt, wenn sie mit Ökostrom gefüttert werden.

Hier hat Österreich dank seines hohen Wasserkraftanteils in der Stromerzeugung gute Karten. Mehr als drei Viertel der in Österreich erzeugten Elektrizität stammen aus erneuerbaren Energiequellen. Dennoch gebe es Hindernisse, warnt VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen vor verfrühter Euphorie. „Bei aller Liebe zu den Elektroautos – alle 4,8 Millionen Fahrzeuge in Österreich mit Strom zu betreiben, das geht sich einfach nicht aus.“

(c) Die Presse

Zwar ist theoretisch mehr als genug Strom vorhanden, um die gesamte heimische Flotte mit sauberer Energie zu versorgen. Doch dann müssten eben Industrie oder Haushalte auf einen Teil des Stroms verzichten, den sie bisher verbrauchen. Die geplante Umstellung vieler Unternehmen auf eine CO2-arme Produktion wird allerdings den Stromverbrauch der Industrie sogar noch steigern. Allein die Dekarbonisierung des Linzer Stahlkonzerns Voestalpine brächte einen zusätzlichen Strombedarf von 33 Terawattstunden (TWh) – das ist fast die Hälfte des aktuellen Stromverbrauchs in Österreich von 70 TWh.

Viele EU-Länder mit CO2-Steuer

Um das Ziel dennoch zu erreichen, müssten die Österreicher 2050 auf Strom, Wasserstoff, Agrarsprit – aber auch weiter auf fossile Kraftstoffe setzen, so der VCÖ. Damit nicht genug: Selbst das Szenario mit immer noch einem Fünftel Benzin und Diesel im Tank ist nur dann machbar, wenn fast zwei Drittel der Fahrten (auf Basis des heutigen Energiemixes) eingespart werden. Der Energieverbrauch im Verkehrssektor müsste von heute 378 Petajoule auf 147 Petajoule sinken. Als einen Weg dahin, plädiert Rasmussen für eine CO2-Steuer, wie sie 14 Länder in Europa bereits eingeführt haben. Zugleich müssten die Steuern auf Arbeit gesenkt werden. „Wir brauchen ein Preissignal“, betont Rasmussen. „Sonst steigen die Menschen nie um.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2017)

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