Die Regierung in Berlin will in zukünftigen Krisen nicht mehr auf den IWF angewiesen sein, berichtet der „Spiegel“. Kommt der EWF?
Berlin/Wien. Nach einem monatelangen Streit mit dem Internationalen Währungsfonds um das dritte Hilfspaket für Griechenland plant die deutsche Bundesregierung schon für eine Zukunft ohne den Geldgeber aus Washington. So berichtet der „Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe, dass sich in Berlin Pläne für einen eigenständigen Europäischen Währungsfonds konkretisieren.
Schon vor einigen Wochen hatte die „Bild“ berichtet, dass der Ausbau des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM zu einem Währungsfonds im Sinn des deutschen Finanzministers, Wolfgang Schäuble, sei. Offizielle Stellungnahmen gab es dazu aus Berlin bisher freilich keine.
Die neue Organisation soll laut „Spiegel“ zusätzliche Kompetenzen erhalten. So soll der Europäische Währungsfonds die Staaten volkswirtschaftlich analysieren, Rettungsprogramme erstellen und im Zweifel auch Sanktionen vorschlagen dürfen. Auch eine Art Frühwarnsystem soll etabliert werden.
Sollte der Plan umgesetzt werden, würde die Bedeutung des Internationalen Währungsfonds für Europa weiter sinken. An diesem sind zwar alle EU-Staaten beteiligt. Der Währungsfonds ist allerdings eine Relikt des bereits in den 1970er-Jahren zusammengebrochenen Währungssystems von Bretton Woods. Die Machtverhältnisse im IWF spiegeln dies wider.
Ein komplizierter Weg
Als einziges Land verfügen die USA über die Sperrminorität und damit über die Macht, Entscheidungen zu blockieren. Daran hat auch die jüngste Reform des IWF nichts geändert. Sie hat zwar den Schwellenländern mehr Einfluss gebracht, aber auf Kosten Europas. Gleichzeitig basteln auch die BRICS-Staaten unter der Führung Chinas an Gegenmodellen zu IWF und Weltbank, die ebenfalls ein Bretton-Woods-Relikt darstellt.
Der Ausbau des ESM zum EWF ist allerdings kompliziert. Bisher ist der ESM keine EU-Institution im eigentlichen Sinne, sondern basiert auf bilateralen Verträgen außerhalb der EU-Struktur. Die genaue Ausgestaltung des Europäischen Währungsfonds, der der Regierung in Berlin vorschwebt, ist also noch offen. (jil)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2017)