Österreichs Beitrag war bereits vor der ORF-Präsentation auf YouTube.
„Ein gut gehütetes Geheimnis blieb bis zuletzt der Song, mit dem er unser Land in Kiew vertreten wird“, schrieb der ORF in seiner Einladung: „Am 28. Februar ist es nun so weit, dann wird der Titel präsentiert, mit dem Nathan Trent am 11. Mai ins musikalische Rennen um ein Ticket für das große Finale geht.“
Der ORF hat das Geheimnis offenbar nicht gut genug gehütet, der Song war schon am Montag problemlos auf YouTube zu hören. Er heißt „Running on Air“, Trent hat ihn selbst geschrieben, und er ist keinerlei Aufregung wert: eine milde bis müde Midtempo-Nummer, die offenbar in abstrahierter Form die Situation des Kandidaten behandeln soll: „I had to meet some people, who were there to believe in me“, singt er mit betont lieblicher Phrasierung, und nimmt sich vor: „I ain't gonna stop till I make the final score.“
Bis zum zweiten Refrain ist das flach, aber halbwegs erträglich (wenn man das stilisierte Fingerschnippen gnädig überhört), doch dann kommt ein paraorchestraler Plüschteppich, wie er selbst in den Achtzigerjahren nur selten aufgerollt wurde, und Trent steigert sich in eine Klimax der Koketterie: „There'll be good times, there'll be bad times, but I don't care . . .“ Butterkäsige Oh-oh-oh-Background-Vocals, wie man sie erfreulicherweise heute auch nur mehr selten hört, umfangen ihn, nach zweieinhalb Minuten ist die Luft endlich aus, und man fragt sich: Welche Retro-Pop-Fantasien haben sich denn da im ORF durchgesetzt? (tk)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2017)