Der Wirtschaftsbund-Chef beklagt in seiner Aschermittwochsrede die Mehrfachbestrafung für Unternehmer. Falls Bundeskanzler Kern das Verwaltungsstrafrecht bis Ende Juni ändere, will Leitl 11.000 Euro spenden.
ÖVP-Wirtschaftsbund-Chef Christoph Leitl hat in seiner Aschermittwochrede in Telfs in Tirol den aufkommenden "Wirtschafts-Nationalismus" beklagt. "Die Ablehnung von Freihandel ist eine Bedrohung für unseren Wohlstand". Schließlich lebe das kleine Land Österreich mit seiner exportorientierten Wirtschaft vom Zugang zu internationalen Märkten. Die großen Länder könnten sich Protektionismus leisten, die kleinen aber "kommen unter die Räder". In diesem Zusammenhang übte Leitl Kritik an US-Präsident Donald Trump. Trump sei ein "Weckruf für Europa", eigenständiger zu werden.
Leitl hat die Gewerkschaftskritik an der aktuellen Arbeitszeitdebatte zurückgewiesen. Arbeitszeitflexibilisierung bedeute nicht "Lohnraub", sagte Leitl. Es gehe um Möglichkeiten, flexibler arbeiten zu können. Dies sei in einer sich ändernden Arbeitswelt eine Notwendigkeit. Ohne flexiblere Arbeitszeiten drohe der Verlust von Arbeitsplätzen, etwa durch die Digitalisierung, warnte Leitl. In Österreich dürfe es nicht nur die theoretische, sondern auch die praktische Möglichkeit geben, flexibler arbeiten zu können.
Die von der Regierung im überarbeiteten Regierungsprogramm anvisierte Arbeitszeitflexibilisierung ist für den vida-Vorsitzenden Roman Hebenstreit hingegen eine Scheindebatte. Wenn Arbeitgeber über Flexibilisierung sprechen würden, meine man in Wahrheit etwas anderes, "nämlich Arbeit auf Abruf und dass man Überstunden nicht mehr zahlen will, also Lohnraub", sagte der Spitzengewerkschafter in einem Zeitungsinterview
Spende ausgelobt
Leitl hat auch gegen die Mehrfachbestrafung von Unternehmern gewettert. Das Kumulationsprinzips im Verwaltungsstrafrecht tue "nach wie vor weh", bemängelte Leitl. Es dürfe nicht sein, dass Unternehmer für ein und dasselbe - meist kleine - Vergehen mehrfach und somit unverhältnismäßig bestraft würden. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) habe zwar zugesagt, das Kumulationsprinzip bis 30. Juni aus dem Verwaltungsstrafrecht zu eliminieren, so Leitl: "Ich bin aber nicht sicher, ob er das schafft". Falls es Kern doch gelingen sollte, erklärte sich der Wirtschaftskammer-Präsident bereit, der Bruderschaft St. Christoph 11.000 Euro privat zu spenden. "Ich hoffe, wir werden von diesem Damoklesschwert befreit", betonte der Wirtschaftsbundpräsident. Der Bundesregierung konzedierte Leitl aber, "sich bewegt zu haben". Immerhin sei es gelungen, Investitionsanreize zu setzen, und bei den Lohnnebenkosten wurden "wichtige Schritte" erreicht.
Finanzminister Hansjörg Schelling (ÖVP) richtete Leitl aus, dass beim Handwerkerbonus "dringend nachverhandelt" werden müsse: "Niemand kann verstehen, dass dieser Anreiz wegfallen soll". Schließlich sei der Handwerkerbonus ein probates Mittel, Schwarzarbeit einzudämmen. Und in Sachen Arbeitszeitflexibilisierung könne niemand "Klassenkampftöne" nachvollziehen, meinte Leitl. Nicht die Flexibilisierung sei "Lohnraub", sondern wenn Betriebe durch Restriktionen nicht mehr in der Lage sind, ihre Leistung zu erbringen, dann folge "digitaler Jobraub". "Wir müssen Vorreiter in einer Standortpartnerschaft sein", argumentierte der Wirtschaftsbundchef: "Dann geben wir den Menschen Sicherheit, und sie fallen nicht auf Populisten rein".
(APA)