Deftige Sprüche aus Tradition

Aschermittwochsrede
AschermittwochsredeAPA/AFP/THOMAS KIENZLE
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Von Bauern inspiriert, von Franz Josef Strauß perfektioniert, von Jörg Haider kopiert: Die lange Geschichte der Aschermittwochsrede

Wien. Wenn Politiker am Aschermittwoch auftreten, bedeutete dies schon immer markige Sager. Den Ursprung hat die Tradition im bayrischen Vilshofen an der Donau, am dortigen Viehmarkt sollen die Bauern schon ab dem 16. Jahrhundert eifrig debattiert haben. Zu Zeiten der Weimarer Republik ab 1919 hielt der bayrische Bauernbund eine fixe Kundgebung an jenem Ort ab. Eine Tradition, die die Bayernpartei nach Ende des Zweiten Weltkriegs wieder mit Leben erfüllte.

So richtig zur Sache aber ging es ab 1953. Ein aufstrebender CSU-Politiker namens Franz Josef Strauß hielt in dem Jahr seinen ersten „Politischen Aschermittwoch“ in einem Vilshofener Lokal ab, in späteren Jahren wechselte man wegen des steigenden Publikumsinteresses nach Passau. „Weg mit den roten Deppen“, polterte der spätere bayrische Ministerpräsident etwa 1976 bezugnehmend auf die SPD-geführte Bundesregierung. Insgesamt 35-mal sprach Strauß bis zu seinem Tod im Jahr 1988 am Aschermittwoch zum Volk. In seiner letzten Rede 1988 sprach er unter anderem über Aids-Infizierte und forderte, „dass Kranke, die uneinsichtig sind, interniert werden“.

In Österreich übernahm Jörg Haider den Brauch 1992. Schon damals kamen 2000 Teilnehmer am Aschermittwoch nach Ried. Wobei es Ärger im Publikum gab, weil sich im Vorfeld das Gerücht gehalten hatte, dass es Weißwürste oder ähnliche, aus Bayern kommende Spezialitäten geben würde. Es gab aber wegen des Aschermittwochs nur Bratheringe und geräucherte Forellen zum Bier.

Als Strache Haider nach dessen BZÖ-Gründung als FPÖ-Chef beerbte, übernahm er auch die Tradition der Aschermittwochsrede. „Gusenbauer ist so unpopulär, wenn er Bestattungsunternehmer wäre, würde keiner mehr sterben“, sagte Strache 2006 über den damaligen Kanzler. Schon fast im Haider-Stil, denn der hatte einst am Aschermittwoch erklärt: „Schüssel darf nicht mehr in meinen Porsche einsteigen, es sei denn, ich baue vorher einen Schleudersitz ein.“
(Eine Langversion des Artikels und die deftigesten Aschermittwochssprüche von einst finden sie als Premium-Artikel auf diepresse.com)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2017)

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