Viennale-Schau: Nacktheit und Kaiserzeit

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Sex, Krieg und k.u.k. Komödie: Mit „Early Austrians“ zieht das Filmarchiv Zwischenbilanz zu Österreichs frühem Kino.

Als Zwischenbilanz zur Forschungsarbeit über das frühe heimische Kino will das Filmarchiv Austria seine heurige Viennale-Schau „Early Austrians“ verstanden wissen: Vor zehn Jahren waren nicht einmal drei Prozent der insgesamt 400 bis 1918 in Österreich gedrehten Filme restauriert. Das hat sich gebessert, wie nun die zwölf Programme mit Filmen aus den Jahren zwischen 1906 und 1918 belegen. Heimische Musiker werden alle Vorstellungen live mit Neukompositionen oder Improvisationen begleiten.

Einiges davon wurde in letzter Zeit schon vorgestellt, wie die kurzen Erotika der Wiener Firma Saturn. Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts waren diese „Herrenabendfilme“ ein internationaler Exportschlager: kurze, teils komische Miniaturen, in denen eine Situation Anlass zu weiblicher Nacktheit bot – Filmtitel wie Sklavenmarkt oder Das eitle Stubenmädchen sind praktisch erschöpfende Inhaltsbeschreibungen.

Ein Talisman macht Frauen hörig

Diese pikanten Petitessen haben das Bild der frühen heimischen Produktionslandschaft genauso bereichert wie die Wiederentdeckung lang verschollen geglaubter Schätze: etwa Fritz Freislers außerordentlicher Großfilm Der Mandarin – 1918 gedreht, 2004 vom Österreichischen Filmmuseum restauriert –, in dem sich ein Libertin aus Wien Frauen mithilfe eines Talismans hörig macht.

Zu den Fiktionen kommen Dokumentationen, die öfter ebenfalls durchaus wirkungsvolle Erzählmittel nützen. Oft ergänzen sich dazu fragmentarische Zeitbilder auf eigentümliche Weise: Ein Kriegsbegeisterung in Wien benanntes Stück Reportage aus den Anfangsjahren des Ersten Weltkriegs führt zum 1916 entstandenen Spielfilm Krieg in Wien, einem Lustspiel der „weanarischen“ Klischees.

Anderswo zeigt gleich ein ganzes Programm „K.u.k. Komödien“, ein weiteres stellt die zwei einzigen erhaltenen Austro-Beiträge zum frühen Kriminalfilm vor. Ein drittes gilt Fritz Kortner als Beethoven – Märtyrer seines Herzens (1918), damals von der Presse gelobt für das „hingezauberte Kolorit des vormärzlichen Lebens der Kaiserstadt“.

„Early Austrians“: tgl. bis 4.11., um 18.30 Uhr oder 21 Uhr im Metro-Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2009)

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