EU-Libyen-Deal unter Beschuss

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NGOs kritisieren katastrophale Bedingungen in libyschen Lagern. Es gebe systematischen Missbrauch und Misshandlungen.

Wien. Die Pläne der EU, in der Flüchtlingspolitik mit dem Mittelmeer-Anrainerstaat Libyen enger zu kooperieren und dort eventuell auch Auffanglager zu errichten, rufen nicht nur interne Kritik in der Union hervor, sondern stoßen auch auf den Widerstand von NGOs. „Libyen ist nicht Teil der Lösung, sondern das Problem“, sagt etwa Hernan del Valle, der Leiter für humanitäre Angelegenheiten von Ärzte ohne Grenzen. „In Libyen gibt es bereits Internierungslager für Flüchtlinge, aber die Bedingungen dort sind sehr, sehr schlecht.“ Es gebe systematischen Missbrauch, Fälle von Folter und Kindesmisshandlungen. Einige dieser Lager befänden sich im Einflussbereich der Regierung, andere im Bereich von Splittergruppen.

Die Situation sei viel zu unsicher, daher könne man diese Lager auch nicht unter Aufsicht von Hilfsorganisationen wie etwa UNHCR stellen. EU-Pläne für weitere Auffanglager seien daher unpraktikabel. Zuletzt haben auch einige europäische Politiker Kritik geäußert und darauf hingewiesen, dass auf die derzeitige libysche Regierung kein Verlass sei. Del Valle nahm gestern, Freitag, an einem humanitären Kongress in Wien teil.

 

Berlin–Tunis: Raschere Abschiebungen

Migrations- und Asylthemen standen auch im Mittelpunkt eines Besuchs der deutschen Kanzlerin, Angela Merkel, in Tunis. Dabei wurden schnellere Abschiebungen – auch Sammelrückführungen – tunesischer Staatsbürger aus Deutschland vereinbart. In der Bundesrepublik leben mehr als 30.000 Tunesier, von denen 1500 kein Aufenthaltsrecht haben. Diese könnten jetzt abgeschoben werden, so Merkel. Betont wurde von tunesischer Seite, dass ausschließlich eigene Staatsangehörige zurückgenommen werden. Damit ist ein Auffanglager für Migranten aus Drittstaaten, wie zuletzt angedacht, ausgeschlossen. Vereinbart wurde auch, dass Berlin Tunesien 250.000 Mio. Euro Entwicklungshilfe zur Verfügung stellt. (gb., ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2017)


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