Geldstrafe für Straßenbahn-"Entführer"

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Ein Ex-Mitarbeiter der Wiener Linien hatte eine Straßenbahn unbefugt in Betrieb genommen. Nach reichlich Alkohol am Vorabend und einem falschen "Pulverl" gegen Zahnschmerzen sei er "ziemlich durch den Wind gewesen", sagte er vor Gericht.

Ein ehemaliger Mitarbeiter der Wiener Linien ist am Montag im Landesgericht für Strafsachen rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 960 Euro - im Nichteinbringungsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe - verurteilt worden. Der 36-Jährige hatte am 20. Jänner 2017 in Wien-Liesing eine Straßenbahn "entführt".

Es war 8.00 Uhr, als eine Garnitur der Linie 60 an der Endstation Rodaun eintraf. Gemeinsam mit anderen Fahrgästen verließ der 36-Jährige die Straßenbahn, der in der vorangegangenen Nacht seinen Geburtstag gebührend "nachgefeiert" hatte - mit reichlich Bier ("Natürlich großen!"), einigen Caipirinhas "und ein paar Nussschnapserln zwischendurch", wie er Richter Roman Palmstingl informierte.

Als der 36-Jährige bemerkte, dass der Straßenbahnfahrer ebenfalls ausstieg und sich in einen nahe gelegenen Aufenthaltsraum begab, setzte der Mann seinen Heimweg nicht fort. Vielmehr kaperte er die vorschriftsmäßig abgestellte Straßenbahn und fuhr mit dieser zwei Stationen weit, während sich der Fahrer auf der Toilette erleichterte.

Täter hatte Aktivierungsschlüssel 

Das Ganze war nur möglich, weil der Angeklagte von 2009 bis 2014 selbst als Straßenbahnfahrer gearbeitet hatte und noch einen Aktivierungsschlüssel besaß, den er - zumindest seiner Darstellung zufolge - zufällig dabei hatte. Damit öffnete er die versperrte Garnitur, danach die Fahrertür und setzte schließlich die Garnitur in Betrieb: "Ich verantworte das. Wie ich auf diese Blödheit gekommen bin, frag ich mich selber." Er sei damals "ziemlich durch den Wind gewesen".

Seinen Angaben nach litt der Mann nämlich unter heftigen Zahnschmerzen. Um diese zu dämpfen, habe er "ein Pulverl" genommen, aber leider das falsche erwischt: "Ich hab die Pulver verwechselt. Die schauen ziemlich gleich aus." Die Verwechslung hätte fatale Folgen gehabt, meinte seine Verteidigerin: "Das hat ihn sehr enthemmt. Er ist dann einfach auf diese schwachsinnige Idee, diese Schnapsidee gekommen."

"Strom überhaupt nicht abgeschaltet"

"Der Strom ist überhaupt nicht abgeschaltet worden", trat der Angeklagte der Darstellung der Wiener Linien entgegen, die behauptet hatten, die Fahrt wäre gestoppt worden, nachdem der Fahrer die "Entführung" gemeldet hatte. In Wahrheit sei er freiwillig in der Station Breitenfurter Straße stehen geblieben. Der 36-Jährige betonte außerdem, er sei sehr umsichtig gefahren und habe gewiss niemanden gefährdet: "Ich bin auch bei Rotlicht stehen geblieben." Als sich eine auf die Straßenbahn wartende Frau näherte ("Die war schon ganz hektisch") und partout zusteigen wollte, "hab' ich eine Durchsage 'Sonderzug, bitte nicht einsteigen!' gemacht. Das war auch Routine, der 60er war ja früher meine Stammlinie".

(APA)

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