ÖGB-Präsident Foglar schlägt Robotersteuer vor

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Der Gewerkschaftschef sieht die Finanzierung der Sozialleistungen gefährdet. IHS-Chef Kocher sagt, die Sorge vor der Digitalisierung sei stark übertrieben.

Das Konzept einer Wertschöpfungsabgabe geistert seit den 1980er-Jahren durch Österreich, wurde jedoch nie realisiert. Ökonomen bezweifeln, dass eine derartige Steuer langfristig Vorteile brächte. Nun sorgt sich ÖGB-Präsident Erich Foglar (SPÖ) um Finanzierbarkeit staatlicher Aufgaben und regt eine Robotersteuer an. "Wir brauchen eine emotionslose Debatte, wie wir die Basis für die Steuerbemessung verbreitern", sagte Foglar im Interview mit dem Ö1-"Morgenjournal" und der APA. Die fortschreitende Digitalisierung und Dekarbonisierung machten diese Diskussion notwendig.

Tags zuvor hatte IHS-Chef Martin Kocher gesagt, dass die Bedrohung durch die Digitalisierung für Österreich nicht so stark ausfallen werde. Während eine viel zitierte US-Studie davon ausgeht, dass 45 Prozent der Jobs vor allem im mittleren Einkommensbereich wegfallen, sei dieser Effekt in Österreich mit 10 bis 15 Prozent "wesentlich geringer", hat das IHS ausgerechnet. Die entsprechende Studie ist aber noch nicht fertig, so Kocher. "Die Angst vor der Digitalisierung ist stark übertrieben", sagte der IHS-Chef. Es gingen nicht nur Jobs verloren, sondern es entstünden auch viele Arbeitsplätze. Auch Brexit und Trump treffen Österreich nur geringfügig, so der Wirtschaftsforscher.

ÖVP und FPÖ lehnen die von Gewerkschaftsboss Erich Foglar erneut geforderte Wertschöpfungsabgabe ab. Mit der ÖVP werde es keine neuen Steuern geben, so ÖVP-Generalsekretär Werner Amon in einer Aussendung. FPÖ-Vize Norbert Hofer warnte vor einer Abwanderung heimischer Betriebe. SPÖ-Pensionistenvertreter Karl Blecha hingegen hält die Robotersteuer für "alternativlos".

Fast zwei Drittel der Steuern basieren auf Gehalt

Der ÖGB-Präsident macht sich hingegen Sorgen um die Finanzierbarkeit der Sozialleistungen. "Wenn der VW-Konzern demnächst seine in Pension gehenden Arbeitnehmer durch Roboter ersetzt, stellt sich die Frage, was diese Roboter in Zukunft zum Steueraufkommen und zur Aufrechterhaltung unserer Sozialleistungen beitragen können", erklärte Foglar. Derzeit basierten 62 Prozent aller Steuereinnahmen auf den Lohn- und Gehaltssummen. Wenn eine Roboterstunde zwischen drei und zwölf Euro und eine menschliche Arbeitsstunde 40 Euro kostet und damit derzeit ein hohes Maß an Sozialleistungen finanziert wird, dann müsse man jetzt die Diskussion über eine Neustrukturierung des Steuersystems beginnen - "ohne dass wir unsere Wirtschaft dadurch beschädigen", betonte der Gewerkschaftschef.

Ob Robotersteuer, Wertschöpfungsabgabe, oder breitere Bemessungsgrundlage - "das Wort soll nicht der Zankapfel sein", so Foglar. "Zum Herantasten" an das Thema würden sich etwa drei Bereiche der Lohnnebenkosten anbieten: der für Familienförderungen eingerichtete Familienlastenausgleichsfonds, die Kommunalsteuer und die Wohnbauförderung, die derzeit überwiegend von den Arbeitgebern bezahlt werden und 9,5 Milliarden Euro oder rund acht Prozent der Lohnnebenkosten ausmachten. Laut Foglar könnte man hier die Lohnnebenkosten um die Hälfte reduzieren und stattdessen Gewinne, Mietpacht, Zinsaufwendungen oder auch ökologische und ressourcenbezogene Aspekte in die Bemessung einbeziehen.

1500 Euro Mindestlohn nur Zwischenetappe

Die von der Regierung an die Sozialpartner ausgelagerten Verhandlungen über einen 1.500 Euro-Mindestlohn und flexiblere Arbeitszeiten nannte Foglar "sehr intensiv und sehr konstruktiv". Die Gespräche liefen derzeit auf Expertenebene. Es gebe natürlich "Interessensunterschiede", bis Sommer werde man sich aber einigen. Foglar erneuerte dabei die Gewerkschaftsforderung nach einem Mindestlohn von 1.700 Euro. Die 1.500 Euro könnten demnach nur eine "Zwischenetappe" sein.

Foglar untermauerte diesen Wunsch mit aktuellen Wifo-Daten. Das Wirtschaftsforschungsinstitut gab vergangene Woche bekannt, dass das Wachstum im vergangenen Jahr vor allem durch die starke Konsumnachfrage im Inland getragen war. "Der Konsum ist die Konjunkturstütze. Es ist deshalb wichtig, dass wir bei den Löhnen einen Fortschritt erzielen und die Lohnentwicklung vorantrieben. Leistung muss sich lohnen und zwar am Arbeitsplatz", meinte Foglar.

>>> Ö1-Morgenjournal

(APA)

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