Ausländischer Wahlkampf: SPÖ "schwer verärgert" über Sobotkas Plan

Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ9
Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ9(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Innenminister Sobotka hat wegen möglicher Wahlkampfauftritte türkischer Politiker einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Für Kanzleramtsminister Drozda ist dieser "völlig untauglich".

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat seine Pläne für ein Auftrittsverbot ausländischer Politiker bei Versammlungen in Österreich vorgelegt. Anlass dafür sind mögliche Einsätze türkischer Politiker bei Wahlkampfveranstaltungen in Österreich. Laut dem Entwurf zum Versammlungsgesetz soll der Innenminister künftig gemeinsam mit dem Außenminister solche Auftritte untersagen können. Dass nicht nur speziell türkische, sondern generell ausländische Regierungsvertreter oder hohe Parteienvertreter betroffen sein sollen, rechtfertigte Sobotka im Ö1-"Morgenjournal" so: "Wir haben Communities aus Bosnien, aus der Türkei, aus Tschetschenien, wir kennen unsere doch sehr unter Beobachtung stehenden Ethnien - aus diesem Grund ist das der richtige Ansatz." 

Anders sieht das allerdings der Koalitionspartner SPÖ. Kanzleramtsminister Thomas Drozda kritisierte Sobotkas Entwurf in der "Tiroler Tageszeitung" am Donnerstag als "völlig untauglich". Er sei über die Vorschläge "schwer verärgert". Denn, so Drozda: "Der Innenminister hat zu 98 Prozent jenen Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Demonstrationsverbots vorgelegt, den wir schon vor drei Wochen, weil klar verfassungswidrig, abgelehnt haben."

Auch die Gesetzespassage zum Auftrittsverbot von ausländischen Politikern für Wahlkampfzwecke sei in der "Sache untauglich". Die SPÖ werde deshalb nächste Woche ein Gespräch mit dem Innenminister führen, um eine adäquate Formulierung zu finden. Er verstehe nicht, wieso sich Sobotka nicht schlicht an die Formulierungsvorgabe des Artikels 16 Europäische Menschenrechtskonvention gehalten habe, so Drozda.

"Berücksichtigung der sich aus der EMRK ergebenden Schranken"

Konkret heißt es in Sobotkas Entwurf: "Wird an einer Versammlung voraussichtlich ein Vertreter des öffentlichen politischen Lebens eines ausländischen Staates teilnehmen, hat die Behörde den Bundesminister für Inneres zu verständigen, der die Entscheidung über eine Untersagung an sich ziehen kann. Diesfalls obliegt ihm im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres nach Anhörung der Bundesregierung die allfällige Untersagung der Versammlung unter Berücksichtigung der sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebenden Schranken."

Innenminister kann Amtshandlung an sich ziehen
Die Anzeige von Versammlungen durch die Veranstalter muss demnach künftig auch Aufschluss über "die beabsichtigte Teilnahme von Vertretern des öffentlichen politischen Lebens ausländischer Staaten und von Vertretern internationaler Organisationen oder anderer Völkerrechtssubjekte" geben. Untersagt werden kann eine Veranstaltung mit ausländischen Politikern, "wenn anzunehmen ist, dass Fremde aus Drittstaaten mitwirken werden, sich die Versammlung unmittelbar auf politische Vorgänge in einem Staat außerhalb der Europäischen Union bezieht und dabei Meinungen erörtert und kundgetan werden sollen, die mit den demokratischen Grundwerten oder den menschenrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich unvereinbar sind oder sich auf das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Republik Österreich negativ auswirken".

Innenminister kann Amtshandlungen an sich ziehen 

Laut den Erläuterungen der geplanten Gesetzesnovelle besteht die Möglichkeit, dass der Innenminister die entsprechende Amtshandlung an sich ziehen kann. Das An-Sich-Ziehen umfasst dabei die Untersagung, also die Erlassung des Untersagungsbescheides, alle anderen Maßnahmen verbleiben bei der zuständigen Behörde. Die Einbeziehung von Außenminister und Bundesregierung soll dem Umstand Rechnung tragen, "dass die Untersagung einer Versammlung, bei der sich ein Vertreter des öffentlichen politischen Lebens angekündigt hat, von gesamtstaatlicher und insbesondere außenpolitischer Bedeutung ist".

Dabei soll berücksichtigt werden, dass nicht generell jede Versammlung mit drittstaatsbezogenem politischem Hintergrund untersagt werden kann, sondern nur jene Versammlungen betroffen sein sollen, bei denen Meinungen erörtert und kundgetan werden, die mit den demokratischen Grundwerten der Republik oder den etwa sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention für Österreich ergebenen Verpflichtungen unvereinbar sind. Und es sollen Versammlungen mit drittstaatsbezogenen politischen Inhalten untersagt werden können, die sich nachteilig auf ein friedliches Zusammenleben in Österreich auswirken können, heißt es in den Erläuterungen weiter.

Keine negativen Folgen für friedliches Zusammenleben
Betroffen werden demnach nur Versammlungen sein, bei denen von vornherein bekannt ist, welche politischen Botschaften verbreitet werden sollen, weil etwa die Grundintention der Partei oder des auftretenden Vertreters solche sind, die dem demokratischen Grundverständnis zuwiderlaufen oder mit den Menschenrechten nicht vereinbar sind. Schließlich sollen auch Versammlungen untersagt werden können, die sich auf das friedliche Zusammenleben - etwa im Hinblick auf die Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln in Österreich - nachteilig auswirken.

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal"

(Red./APA)

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