Papst Franziskus, allein in Rom: Ohne Unterstützung wird das nichts

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Nun also will der Papst auch über die Priesterweihe für verheiratete Männer nachdenken. Nur, mit wem? Die Begeisterung der Kurie ist enden wollend.

Wir erleben eine verkehrte Welt. Am Donnerstag hat in Wien Hans Peter Hurka einen Solidaritätsaufruf für Papst Franziskus vorgestellt. Nicht alle außerhalb des katholischen österreichischen Mikromilieus werden wahrscheinlich mit dem Namen Hurka sofort etwas anzufangen wissen. Aber der Mann war immerhin Chef der Plattform „Wir sind Kirche“, die früher durch Kritik und Reformforderungen in Richtung Rom auffällig geworden ist. Jetzt tritt Hurka als besonders engagierter Verteidiger Roms auf.

Dabei ist das schon zu viel gesagt. Denn verteidigt wird allein Papst Franziskus – gegen die mangelnde Unterstützung sowie offene oder verdeckte Gegnerschaft in der vatikanischen Kurie und unter den Bischöfen weltweit. Nicht die Liberalen, wie die nach Reformen in der Kirche Strebenden verkürzt, aber nicht komplett falsch tituliert werden, haben einen Sinneswandel vollzogen. Am Montag geht das vierte Jahr des Pontifikats von Franziskus zu Ende. Seit seinem Amtsantritt versucht dieser ohne erkennbare Ermüdungserscheinungen, Reformen in der katholischen Kirche und für diese durchzuführen oder wenigstens anzustoßen. Sein neuester Vorstoß erfolgte am Donnerstag. In einem breit angelegten Gespräch mit Giovanni di Lorenzo für die Wochenzeitung „Die Zeit“ verlangt der Papst ein Nachdenken über die Weihe verheirateter Männer zu Priestern. Das Nennen von Frauen in diesem Zusammenhang ginge offenbar selbst Franziskus zu weit.

Wörtlich sagt der Bischof von Rom im Zusammenhang mit dem Rückgang der Zahl von Priestern besonders in Europa und der Betonung der Bedeutung der Eucharistie, die nur von einem Priester gefeiert werden kann: „Eine Kirche ohne Eucharistie hat keine Kraft.“ Um später fortzusetzen: „Wir müssen darüber nachdenken, ob Viri probati (verheiratete Männer; Anm.) eine Möglichkeit sind.“

Das mag schön und gut klingen, nur sei die nüchterne Frage erlaubt: Mit wem gedenkt der Papst eigentlich darüber nachzudenken? Mit dem Präfekten seiner Glaubenskongregation, dem konservativen (schon wieder eine dieser nicht komplett falschen Etikettierungen) Gerhard Ludwig Müller, für den wahrscheinlich kaum ein Tag vergeht, an dem er nicht den freiwilligen Rückzug seines Freundes und Förderers Joseph Ratzinger vom Papstsessel bedauert. Schon bei der gelockerten Linie gegenüber Geschiedenen, die noch einmal geheiratet haben, versagte Müller, einer der wichtigsten Gegenspieler des Papstes, diesem die Gefolgschaft. Wenn es ihm gerade danach ist, warnt Müller auch schon einmal vor einer Spaltung der katholischen Kirche.


Spaltung muss für die Hierarchie einen harten, einen bedrohlichen Klang haben. Dabei existiert ein beträchtlicher Spalt innerhalb der katholischen Kirche ohnedies nicht erst seit gestern. Nur besteht anders als in der Prä-Franziskus-Ära diesmal eine Kluft zwischen dem Papst und der Basis auf der einen und der Kurie sowie manchen Bischöfen auf der anderen Seite.

Wo bleibt denn da plötzlich die Papsttreue, gerade jener, die gleichsam von Amts wegen dazu besonders verpflichtet sind und darin Vorbild für alle anderen Katholiken sein sollten, die Kardinäle und Bischöfe also? Gerade das Einfordern der Treue zum Papst wurde in der Vergangenheit von Theologen und Laien bis zum Exzess verlangt, die es gewagt haben, den Kurs Roms nur einen Millimeter verändern zu wollen.

Am Montag jährt sich also der Tag der Bestellung José Mario Bergoglios im fünften Wahlgang des Konklaves. Am Montag nächster Woche treffen in der Propstei St. Gerold im Großen Walsertal auch alle Bischöfe Österreichs zu ihrer mehrtägigen Frühjahrsvollversammlung zusammen. Dort wäre es eine gute Gelegenheit, den Vorstellungen von Franziskus zum Weg der Kirche volle Unterstützung zu leisten und vielleicht (man wird ja noch träumen dürfen) sogar weiterführende Reformvorschläge zu machen. Ideen und Beispiele aus Praxis und Theologie gibt es hinreichend. Wie lang dauert es, bis die Bischöfe weltweit von Franziskus endlich wachgerüttelt sind? Ohne kraftvolle Unterstützung für ihn wird das nichts.

E-Mails an:dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2017)

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