Auch auf die Partner kommt es an

Symbolbild Violine
Symbolbild Violine(c) Clemens Fabry
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Janine Jansen mit Sibelius, Hilary Hahn mit Meisterwerken aus Barock und Klassik – sowie einem schwachen neuen, ihr gewidmeten Stück.

Muss man alles aufführen, was einem gewidmet ist? Das fragt man sich nach diesem Duo-Abend im Rahmen des Hilary-Hahn-Schwerpunkts im Konzerthaus. Und: Ist es sinnvoll, Meisterwerke des Barock und der Wiener Klassik mit zeitgenössischen Stücken zu kombinieren, wenn diese mit dem übrigen Programm so gar nicht konkurrieren können? Auch wenn der spanische Komponist Antón García Abril seine sechs Partiten für Violine solo angeblich für Hahn maßgeschneidert hat – sie spielte daraus die fünfte, „Reflexive“ –, erwies sich das langsam anhebende, sich virtuos steigernde, zögerlich ausklingende Stück als weder besonders ideenreich noch wirklich geeignet, die Eigenheiten der Geigerin ins entsprechende Licht zu rücken.

Auch ihr Begleiter Robert Levin hatte ein Widmungswerk mitgebracht: Träume für Klavier solo von Hans Peter Türk. Frei wie eine Improvisation solle man es aufführen, wünscht sich dieser. Tatsächlich wirkt es weniger wie eine von individueller Kraft bestimmte Improvisation als wie eine ziemlich beliebige Aufeinanderfolge klanglicher Atmosphären. Selbst ein Pianist mit differenzierterem Anschlag, mit weniger unruhigem Spiel als Levin könnte kaum mehr aus dieser belanglosen Pièce herausholen.

Hektische Spielweise

Überhaupt erwies sich Hahns Entscheidung für den vor allem als Musikwissenschaftler renommierten Robert Levin als problematisch. Schon bei Bachs sechster Sonate für Violine und Klavier BWV 1019 war er zu sehr mit sich beschäftigt, um seine Partnerin entsprechend wahrzunehmen, hatte Schwierigkeiten mit den technischen Ansprüchen seines Parts. Auch bei Mozarts Es-Dur-Sonate KV 481, erst recht bei Schuberts h-Moll-Rondo D 895 konnte er diese hektische, oft Passagen verschluckende Spielweise nicht ablegen. So erhielten die Stücke einen militärisch-schroffen Anstrich, ihr Charme blieb auf der Strecke. Hilary Hahn kam selbst bei ihrem Favoriten Bach nur selten dazu, ihre geradlinig-strukturelle Auffassung durchzubringen. Bei Schubert sah sie sich durch Levins Spiel gar zu unpassendem Forcieren gezwungen.

Da hatte es ihre Alterskollegin Janine Jansen, wenngleich durch Grippe gehandicapt, ungleich besser getroffen: Das gut studierte NHK Symphony Orchestra Tokyo unter seinem Chefdirigenten Paavo Järvi war für ihre gleichermaßen von mitreißender Brillanz, virtuoser Spielfreude und subtilem Ausdruck charakterisierte Darstellung des Sibelius-Violinkonzerts ein idealer, weil stets ihrer klar fokussierten Auffassung folgender Partner. Bei Schostakowitschs Zehnter konzentrierte sich Järvi auf die Zeichnung von Details, führte seine Musiker zu höchster Transparenz und Perfektion. Sachlichkeit war Trumpf. Die drängende Leidenschaft dieser mit dem Stalin-Regime sarkastisch abrechnenden e-Moll-Symphonie schimmerte in dieser etwas nüchternen Darstellung aber nur selten durch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2017)

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