EU Stellt Unterstützungsprogramme für Türkei ein

Erweiterungskommissar Johannes Hahn.
Erweiterungskommissar Johannes Hahn.Stanislav Jenis
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Die Türkei bewege sich von Europa weg, sagt EU-Kommissar Johannes Hahn. Die Unterstützungsgelder für den EU-Beitritt werden daher heruntergefahren.

Die EU hat damit begonnen, die im Rahmen der Beitrittsverhandlungen vorgesehene Unterstützung für die Türkei zurückzufahren. Wie der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur erklärte, wurden Programme eingestellt, die zuletzt nicht die erwünschten Fortschritte brachten.

Von den 4,45 Milliarden Euro, die für den Zeitraum 2014 bis 2020 für die Türkei zur Verfügung stünden, seien zuletzt nur 167,3 Millionen Euro ausbezahlt gewesen, sagte Hahn. Er machte gleichzeitig deutlich, dass es rechtlich derzeit nicht möglich wäre, die sogenannten Vortrittshilfen einfach ganz einzufrieren. Dazu müssten die 2005 gestarteten EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei offiziell gestoppt werden.

"Die überwiegende Mehrheit der EU-Außenminister hat sich im Dezember dafür ausgesprochen, den Dialog mit der Türkei weiter zu führen und gemeinsam an der Behebung der rechtsstaatlichen Defizite zu arbeiten", sagte Hahn. Wie er selbst seien auch die meisten EU-Staaten der Meinung, dass es falsch wäre, alle Kommunikationskanäle zu schließen. "Dann hätten wir überhaupt keinen Reformhebel mehr", sagte Hahn. Weil derzeit niemand neue Verhandlungsbereiche eröffnen werde, seien die Gespräche ohnehin "de facto zum Stillstand gekommen".

Nazi-Vergleich "inakzeptabel und absurd"

In Reaktion auf die jüngsten Ereignisse in der Türkei hat Hahn nach eigenen Angaben angeordnet, die EU-Hilfen verstärkt für Programme zur Verfügung zu stellen, die zum Beispiel die Zivilgesellschaft, die Demokratie-Entwicklung und Bildung und Wissenschaft stärken. "Immerhin ein Drittel der Mittel wird bereits auf meine Anweisung hin in diese Bereiche investiert - und diese Umorientierung läuft weiter", sagte er. Zudem seien alle Zahlungen "selbstverständlich an strikte Bedingungen gebunden, deren Einhaltung wir strengstens kontrollieren."

Die Europäische Union ist seit Monaten äußert besorgt über den politischen Kurs der Türkei. Vor allem das Vorgehen der Behörden gegen Oppositionspolitiker und Journalisten wird als inakzeptabel erachtet. "Die Türkei bewegt sich im Moment leider nicht auf Europa zu, sondern von Europa weg", kommentierte Hahn. "Was die repressiven Maßnahmen in der Türkei selbst betrifft, so haben wir unseren türkischen Partnern gegenüber unmissverständlich klargestellt, dass diese negative Entwicklung, die ja bereits vor dem vereitelten Putschversuch im Juli begonnen hat, nicht vereinbar mit EU-Standards und internationalem Recht ist."

Die Nazi-Vergleiche Ankaras im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker vor dem Verfassungsreferendum im April bezeichnete er als "inakzeptabel und absurd".

(Ansgar Haase/dpa)

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