Prozess: Schlecker bricht Schweigen

 Anton Schlecker galt lang als Phantom. Bis zum Prozessauftakt vergangene Woche war das aktuellste Foto von ihm aus dem Jahr 1999.
Anton Schlecker galt lang als Phantom. Bis zum Prozessauftakt vergangene Woche war das aktuellste Foto von ihm aus dem Jahr 1999.(c) APA/AFP/THOMAS KIENZLE
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Der Ex-Drogeriekettenchef Anton Schlecker beteuerte erstmals persönlich seine Unschuld. Scheitern habe es für ihn nicht gegeben.

Wien. Jahrelang mied Anton Schlecker die Öffentlichkeit. Das aktuellste Foto des ehemaligen Drogeriekönigs datiert zurück auf 1999 – zumindest war das bis vergangene Woche so. Seither steht Schlecker an der Seite seiner Frau Christa und seiner Kinder Meike und Lars in Stuttgart vor Gericht. Die Anklage wirft der Familie – allen voran dem Patriarchen Anton Schlecker – vor, die Gläubiger vor der Insolvenz 2012 um Millionen gebracht zu haben. Ein bis Oktober angesetzter Großprozess soll Licht in die Sache bringen. Bei einem Schuldspruch droht Schlecker eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Gestern, Montag, brach der Hauptangeklagte erstmals sein Schweigen. „Für mich gab es kein unternehmerisches Scheitern. Ich war sehr erfolgsverwöhnt“, las er in einem gut einstündigen Vortrag aus seiner Stellungnahme vor. Er sei bis zuletzt von der Fortführung des Unternehmens überzeugt gewesen. „Ich erinnere mich nicht an Liquiditätsprobleme, die ich für nicht überwindbar gehalten hätte.“ Er habe auch keine Entscheidungen getroffen oder Anordnungen gegeben, um Gläubiger vor der Insolvenz im Jahr 2012 zu benachteiligen. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich die Forderungen meiner Gläubiger immer erfüllen kann.“ Der 72-Jährige vertrat die Ansicht, dass Handelspartner und Versicherer seine Kette zu früh aufgegeben hätten. Im Jänner 2012 habe ein Versicherer den Lieferantenschutz aufgehoben, damit sei das Rad zum Stillstand gekommen.

Als Europas ehemals größte Drogeriekette kurz darauf Insolvenz anmelden musste, war nicht Anton Schlecker, sondern seine Tochter Meike mit den mittlerweile berühmten Worten „Es ist nichts mehr da“ vor die Medien getreten. Mehr als 25.000 Mitarbeiter verloren daraufhin ihren Arbeitsplatz. Für diese Folgen übernehme er die unternehmerische Verantwortung ebenso wie in den Jahrzehnten zuvor, betonte Schlecker am Montag.

Nachfragen nicht erlaubt

Fragen der Staatsanwaltschaft, etwa zu seiner damaligen Einschätzung der Solvenz oder seiner aktuellen Vermögenslage, wollte er am zweiten Prozesstag allerdings nicht beantworten. Die Anklage wirft Schlecker vor, vorsätzlich Teile seines Vermögens, das den Gläubigern zugestanden hätte, vor der Pleite in Sicherheit gebracht zu haben. Dabei listet die Staatsanwaltschaft Einzelzahlungen von mehr als 25 Millionen Euro auf. Außerdem soll er den Zustand des Unternehmens im Konzernabschluss falsch dargestellt und vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht haben.

Geldgeschenke und andere Zahlungen, mit denen er vor der Insolvenz Kinder und Enkel unterstützt habe, stünden laut Schlecker in keinem Zusammenhang mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Sein Handeln sei nicht von dem Motiv getragen gewesen, Vermögen zu beseitigen, Gläubiger zu benachteiligen oder eine Straftat zu begehen, beteuerte er.

Seine Frau Christa und seine Kinder Meike und Lars sitzen wegen Beihilfe zum Bankrott auf der Anklagebank. Schleckers Sohn und Tochter sind als ehemalige Gesellschafter der für Schlecker arbeitenden Logistikgesellschaft LDG wegen Insolvenzverschleppung und Untreue angeklagt. Die drei äußerten sich am Montag weder zur Anklage noch zu ihren finanziellen Verhältnissen. Sie dürften noch viele Gelegenheiten haben, ebenfalls ihr Schweigen zu brechen. Insgesamt 26 Prozesstage sind anberaumt. Am 20. März wird weiterverhandelt. (ag./loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2017)

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