Gesunde Geschäfte

Investment. Immobilienprojekte im Gesundheitswesen hätten künftig gute Chancen, meinen Experten. In Österreich betritt man damit zumeist noch Neuland. von Christian Lenoble

Hotels, die ihren Gästen nicht nur Zimmerservice, sondern auch professionelle medizinische Betreuung bieten; privat finanzierte Pflege- und Seniorenheime, die den Ansprüchen der modernen Generation 50plus gerecht werden: Das sind nur zwei Beispiele aus der Gruppe der sogenannten Healthcare-Immobilien, denen Experten großartige Zukunftsaussichten bescheinigen. Was in den USA oder auch in Deutschland bereits boomt, hat in Österreich noch eher den Status des „interessanten Neulands“.

Am grundsätzlichen Marktpotenzial sollte es nicht scheitern. „Der Bereich Gesundheit ist ohne Zweifel der wirtschaftliche Wachstumsmotor des dritten Jahrtausends“, sagt Leo Nefiodow, Zukunftsforscher und Wirtschaftstheoretiker. Angetrieben von den demografischen Umwälzungen und dem zunehmenden, auch präventiven Gesundheitsbewusstsein der Menschen fließen allein in Österreich aktuell knapp 30 Milliarden Euro pro Jahr in den Gesundheitssektor. Das sind rund zehn Prozent des BIP, Tendenz steigend.

Auch in Krisenzeiten stabil

„Ein ideales Szenario etwa für die Errichtung von Klinik- oder Pflegehotels. Gerade jetzt sollte in diesen Bereich, der sich auch in Krisenzeiten mit Sicherheit als stabil erweist, investiert werden“, meint dazu Martin Schaffer, Geschäftsführer der Kohl & Partner Consulting GmbH, die im November gemeinsam mit der MRG GmbH ein Symposium zum Thema veranstaltet (siehe auch linke Spalte).

Speziell im Bereich Healthcare und Tourismus ergäben sich in einem Hochpreissegment gute Renditechancen, erläutert Schaffer. Insbesondere Wien könnte sich seiner Meinung als Standort für einen internationalen medizinischen Tourismus eignen. „Ich spreche zum Beispiel von Hotels mit dem Charakter einer Privatklinik, in denen Ärzte, Physio- und Psychotherapeuten zur Verfügung stehen – und zwar deutlich abgegrenzt vom klassischen Wellnessangebot“, so Schaffer.

Als Zielgruppe kann national die große Gruppe der Zusatzversicherten angesprochen werden. Im Bereich der internationalen Klientel bieten sich vor allem wohlhabende Gäste aus Russland, dem Mittleren Osten oder auch aus den USA an. Dass es in Österreich derzeit lediglich wenige Projekte dieser Art gibt, liegt laut Schaffer noch am Mangel williger Betreiber mit hochwertiger Gesundheitsexpertise: „Um das zu ändern, bräuchte es einen Schulterschluss zwischen Investoren und Regionen.“

„Sowohl der gesellschaftliche Bedarf als auch das grundlegende Interesse seitens der Entwickler sind aber vorhanden“, ortet Martina Maly von der MRG Metzger Realitäten Beratung und Bewertungs GmbH Anzeichen für eine Aufbruchstimmung.

Anlegerinteresse steigt

Die Zahl der institutionellen Anleger, die an die wirtschaftliche Profitabilität von Healthcare-Immobilienprojekten glauben, sei im Steigen begriffen. „Es gilt, die hohen Investitionskosten und den operativen Kostendruck in den Griff zu bekommen. Gefragt sind innovative Konzepte, die Implementierung von Synergien und eine effektive Ressourcenplanung.“ Bei Klinik- und Pflegehotels beispielsweise ließen sich die Personal- und Investitionskosten speziell im Hotelbereich reduzieren.

Auslastung als Schlüsselfaktor

Schlussendlich basiere, so Maly, der Erfolg bei diesen Spezialimmobilien vor allem auf einer fundierten Markt- und Bedarfsanalyse sowie einem erfahrenen Betreiber. Den Grundstock für die Rentabilität der Betriebe stelle deren Auslastung und die Versorgungsverträge mit Kassen und Sozialversicherungen dar.

„Die Realisierung der Wachstumspotenziale in diesem Sektor stellt an Unternehmen und Investoren hohe Anforderungen“, bestätigt Adrian Ottnad, deutscher Pflegeexperte und Geschäftsführer der Ottnad Consult, die Problematik. Healthcare-Immobilien böten zwar vergleichsweise attraktive Renditen bei begrenzten Risken, seien aber gleichzeitig langfristige Investments, die sich nur dann rechnen, wenn über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahrzehnten die kalkulierten Pachteinnahmen auch nachhaltig erzielt werden.

Dauerhafte Einnahmen

„Ob dauerhafte Einnahmen erzielt werden, hängt von vielen Faktoren ab: von den Standortbedingungen, von der Tragfähigkeit des betriebswirtschaftlichen Konzepts, dem örtlichen Wettbewerbsumfeld und nicht zuletzt den föderal variierenden sozialrechtlichen und politischen Gegebenheiten“, erläutert Ottnad.

In Deutschland wird auf das Interesse von Geldgebern für Gesundheitsimmobilien bereits gesetzt. Das Münchner Unternehmen Catella Real Estate AG etwa startete kürzlich als Fondsmanager, um in Westeuropa in ein diversifiziertes Portfolio von Kliniken, Ärztehäusern, Seniorenpflege und -wohnen sowie in Büro und Logistik für den Gesundheitssektor zu investieren. „Der ,Focus Healthcare‘ als europäischer Gesundheitsimmobilienfonds profitiert vom Megatrend Gesundheit und Lifestyle und baut gleichzeitig auf die Solidität von Immobilien“, sagt dazu Catella-Vorstandssprecher Andreas Kneip. Mit dem offenen Fonds sollen Privatanleger am Wachstumsmarkt Gesundheit partizipieren können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2009)

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