Steigt Piëch ganz bei Porsche aus?

Geht Ferdinand Pi¨ech ganz? Er verhandelt über den Verkauf seiner Porsche-Anteile.
Geht Ferdinand Pi¨ech ganz? Er verhandelt über den Verkauf seiner Porsche-Anteile.(c) REUTERS (FABIAN BIMMER)
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Der einst mächtigste Mann im VW-Konzern denkt über den Verkauf seiner Anteile an der Porsche SE nach. Sie haben einen Wert von einer Milliarde Euro.

Wolfsburg. Jetzt dürften sich die Wege von Ferdinand Piëch und Volkswagen endgültig trennen. Der fast 80-Jährige soll gerade über seinen kompletten Ausstieg verhandeln, berichtete der „Spiegel“ am Freitag in seiner Onlineausgabe. Der frühere Firmenpatriarch hält nämlich immer noch 14,7 Prozent an der Porsche SE. Die Holding ist in Besitz der Familien Porsche und Piëch und hält wiederum 31 Prozent des Kapitals und 52 Prozent der Stimmrechte am Volkswagenkonzern.

An der Aktionärsstruktur bei VW wird sich wohl nichts ändern. Der Einfluss der Porsche-Dynastie bleibt unverändert. Die Familien haben ein Vorkaufsrecht. Sie hätten großes Interesse an der Übernahme, weil sie verhindern wollten, dass ein familienfremder Investor einsteige, heißt es. Die Porsche SE gilt als das eigentliche Machtzentrum, weil dort die milliardenschwere VW-Beteiligung liegt. Im zwölfköpfigen Aufsichtsrat sitzen alle wichtigen Familienvertreter, an der Spitze Wolfgang Porsche, Ferdinand Piëchs Cousin – und erbitterter Widersacher. Einst sprach Piëch nur vom „Waldorf-Schüler“, wenn von Wolfgang Porsche die Rede war. Und dieser revanchierte sich wiederum mit der Bezeichnung Nichtnamensträger bei Piëch.

Nun wird also die Hackordnung innerhalb der Nachfahren des Autopioniers Ferdinand Porsche neu geregelt. Und dass sich hier vieles verändern wird, war seit geraumer Zeit abzusehen. Längst ist durchgesickert, dass sich die Familien Porsche und Piëch darauf geeinigt haben, dass Ferdinand Piëch aus dem Aufsichtsrat der Porsche Holding ausscheiden wird. Dass der einst mächtigste Mann im Porsche-Clan nicht nur das Kontrollgremium verlässt, sondern seinen Anteil verkauft und damit dem größten Autokonzern Europas ganz den Rücken kehren könnte, das ist dann wohl der letzte Paukenschlag einer an Paukenschlägen reichen Unternehmergeschichte.

Aus dem Übervater des VW-Konzerns, der einst Manager nach Belieben machte und auch zum Teufel jagte, wurde eine unerwünschte Person. Eine Persona non grata ist der Enkel von Ferdinand Porsche geworden, seit er vor der Staatsanwaltschaft in Braunschweig als Zeuge ausgesagt hat, dass er bereits im Februar 2015 von den manipulierten Dieselmotoren bei VW gewusst hat. Erst ein halbes Jahr später wurde der riesige Skandal öffentlich. Mit seinen Aussagen brachte Piëch nicht nur sich selbst, sondern viele andere in die Bredouille.

Piëch gab nämlich auch unumwunden zu, dass er mit dem damaligen VW-Vorstandschef Martin Winterkorn über die Manipulationen gesprochen habe. Auch mit mehreren Aufsichtsratsmitgliedern habe sich Piëch über die aufziehenden Gewitterwolken unterhalten. Unter ihnen befindet sich auch Stephan Weil, SPD-Ministerpräsident von Niedersachsen. Der alte Piëch wurde also zusehends zu einem Sicherheitsrisiko für den Konzern, für den Porsche-Clan und für die deutsche Politik.

Doch allmählich setzt sich für Außenstehende das VW-Mosaik zusammen. Plötzlich scheint klar, warum Piëch im April 2015 in einem „Spiegel“-Interview völlig unerwartet auf Distanz zu dem damals unantastbaren Manager Winterkorn gegangen ist. „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“, sagt er über seinen eigenen Ziehsohn. Seit dieser Aktion gilt Piëch in der Familie als isoliert. Er trat als VW-Aufsichtsratschef zurück. Winterkorns Abgang folgte erst Monate später.

Freitagnachmittag bestätigte die Porsche Holding in Stuttgart schließlich die Gespräche zwischen den Eigentümerfamilien Porsche und Piëch. „Ob es zu den vorgenannten Veränderungen der Aktionärsstruktur der Porsche Automobil Holding SE kommt, ist aktuell nicht abzusehen“, hieß es. VW lehnte eine Stellungnahme ab. Piëch war nicht zu erreichen. Dem „Spiegel“ zufolge ist der Anteil des Patriarchen gut eine Milliarde Euro wert. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2017)

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