Tanz die Solopolonaise

(c) AP (Natacha Pisarenko)
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Wer sich in der eigenen Gesellschaft nicht wohlfühlt, der hat vermutlich ganz recht.

Ein Witz setzt an sich immer ein Publikum voraus. Nur einigen wenigen gelingt es, sich zum Alleinunterhalter zu machen, der sich des Abends schenkelklopfend an sich selbst erfreut. Zugegeben, ein bisschen neidisch könnte man auf solche solitären Entertainer schon sein, die sich selbst genügen und auch ohne andere Spaß mit sich haben. Denn wer sich in der eigenen Gesellschaft nicht wohl fühlt, der hat vermutlich ganz recht. Aber andererseits...

Interessant an solchen Menschen ist vor allem die Beobachtung, dass sie sogar Dinge, die von der Idee her eine gewisse Mindestzahl an Akteuren brauchen, ganz allein bewerkstelligen, die quasi das Kunststück zuwege bringen, sich selbst im Halbkreis aufzustellen.

So wie etwa der Kollege, der sich in der Redaktion regelmäßig zum Soloflashmob zusammentrommelt. Klingt komisch, funktioniert aber wirklich! Auf einmal steht er da (Überraschungseffekt erfüllt), erzählt etwas völlig Sinnloses (auch das eine Conditio sine qua non eines Flashmobs) und dann löst er sich schlagartig wieder auf – soll heißen, er setzt sich wieder auf seinen Platz. Gut, der einzige Punkt, der zum echten Flashmob fehlt, ist, dass er sich wohl nicht vorher selbst per Facebook oder SMS organisiert hat. Der Effekt beim Publikum ist aber derselbe – ratlose Gesichter und der Eindruck, gerade etwas völlig Verrücktes miterlebt zu haben.

Und ja, trotz eines etwas seltsamen Gefühls hat man sich am Ende dann doch recht gut unterhalten. Shine on, you crazy Alleinunterhalter, möchte man innerlich rufen. Und trotzdem hofft man, dass der Kollege bei der nächsten Firmenfeier nicht auf die Idee kommt, eine Solopolonaise anzuzetteln.


erich.kocina@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2009)

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