Das zerfallende "Kalifat" der IS-Extremisten

Schlachtfeld Mossul. Irakische Truppen rücken in der IS-Hochburg vor.
Schlachtfeld Mossul. Irakische Truppen rücken in der IS-Hochburg vor.AFP/AHMAD AL-RUBAYE
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Der brutale Pseudostaat der Jihadisten in Syrien und im Irak steht vor dem militärischen Untergang. Das stachelt Anhänger und Sympathisanten dazu an, Anschläge in Europa zu verüben.

Der grausame Terrorstaat wirkte wie ein Magnet für Tausende junge Männer und auch Frauen in aller Welt. Sie zogen in das eigenmächtig ausgerufene „Kalifat“ des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS), um in den Reihen der Extremisten zu kämpfen und am Aufbau einer neuen Gesellschaft mitzuwirken, die sich an der bizarren IS-Ideologie orientiert. Zwei Jahre lang hatte der IS große Teile Syriens und des Irak beherrscht. Doch nun bricht sein „Kalifat“ immer mehr auseinander. Irakische Truppen sind gemeinsam mit Peshmerga der nordirakischen Kurdenregion dabei, den IS aus seiner Hochburg Mossul zu vertreiben. Und kurdische und arabische Einheiten dringen in Syrien mit US-Unterstützung immer weiter in Richtung der IS-Hauptstadt Raqqa vor. Die Jihadisten sind mittlerweile weitgehend von ihren Nachschublinien aus der Türkei abgeschnitten. Das macht es für ausländische Kämpfer immer schwieriger, in das IS-Gebiet zu gelangen.

Angriffe auf "weiche Ziele"

Die Führung der Extremistenorganisation hat deshalb schon vor einiger Zeit ihre Anhänger in Europa dazu aufgerufen, nicht mehr ins „Kalifat“ zu reisen, um zu kämpfen. Stattdessen sollten sie in ihren Ländern bleiben und dort Attentate verüben. Die Strategie dahinter ist klar: Je mehr man im Irak und in Syrien militärisch unter Druck gerät, desto mehr konzentriert man sich auf Angriffe auf sogenannte „weiche Ziele“ außerhalb des Kriegsgebiets: also auf Anschläge in Europa.

Der IS-Aufruf an potenzielle Attentäter richtet sich nicht nur an junge Männer, die in direktem Kontakt zur Terrororganisation stehen, oder sogar in ihren Camps in Syrien ausgebildet worden sind. Er richtet sich an alle, die bereit sind, massive Gewalttaten zu verüben und sich zugleich zum IS zu bekennen. Schon seit jeher rekrutierten die Jihadisten in Europa ihre Kämpfer in den Reihen junger Männer, die der Gesellschaft den Rücken gekehrt haben und oft auf eine Vergangenheit als Kleinkriminelle zurückblicken. Mittlerweile sprechen sie auch immer mehr Personen an, die offenbar psychisch labil sind und mit brutalen Aktionen zweifelhafte „Berühmtheit“ erlangen wollen. Hier ist oft nur mehr schwer nachzuvollziehen, ob die grausame IS-Ideologie zum Irrsinn ihrer Taten führte – oder Irrsinn erst den Weg zur IS-Ideologie wies.

Fantasyhafte Endzeitschlachten

Die Extremisten füttern ihre Anhänger nicht nur mit den politischen Ideen des sogenannten „Jihadi-Salafismus“. Der IS ködert vor allem junge Männer auch mit Erzählung von apokalyptischen Endzeitschlachten zwischen „Gut und Böse“  - mit der Aussicht, als „Held“ in einer gleichsam zum Leben erweckten Fantasystory zu kämpfen und dafür im Jenseits belohnt zu werden.

In der Realität hat das grausame Vorgehen des IS freilich wenig „Heldenhaftes“ an sich. Es richtete sich im Irak und Syrien von Anfang an gegen Schwächere, gegen wehrlose Zivilisten. Dort, wo die IS-Kämpfer militärisch unter Druck gerieten, lösten sich ihre Einheiten meist rasch auf. So wie jetzt auch ihr gesamtes „Kalifat“ in Auflösung begriffen ist. Je mehr die Extremistenorganisation an den Fronten im Irak und Syrien unter Druck gerät, desto mehr wird sie aber versuchen, mit Terrorattentaten zurückzuschlagen.

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