Wo Herr Knigge nicht hilft, rettet Frau Eder

Zu jung, zu fremd, zu weiblich: Ingrid Eder-Brunnhofer setzte sich als Managerin und Beraterin in Japan gegen viele Widerstände durch.
Zu jung, zu fremd, zu weiblich: Ingrid Eder-Brunnhofer setzte sich als Managerin und Beraterin in Japan gegen viele Widerstände durch.(c) Hermann Wakolbinger
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Wer Geschäfte in Japan machen will, muss sich dort sehen lassen – und kann dabei viel falsch machen. Ingrid Eder-Brunnhofer berät österreichische Firmen beim Markteintritt und geleitet durch den Parcours der Fettnäpfchen.

Wenn sie nicht diesen kurzen Rock getragen hätte, wäre das alles nicht passiert. Ingrid Eder hatte sich mittags zu einem Geschäftsessen verabredet, in einer feinen Sushibar. Eine gute Stunde lang litt sie auf Knien, in der traditionellen japanischen Sitzhaltung, die dem europäischen Gelenk- und Muskelapparat so fremd ist. Nervös zupfte sie am Rock, drückte die Beine zusammen und rührte sich kaum. Als sie sich endlich erheben durfte, war ihr schon längst der rechte Fuß eingeschlafen – und sie fiel dem ihr kaum bekannten Geschäftspartner in die Arme.

Schlimme Sache in Japan, wo Form und Norm den Alltag prägen und das Wahren körperlicher Distanz als Kardinaltugend des zivilisierten Menschen gilt. Aber die Lehre aus der Slapstick-Episode war rasch notiert und verinnerlicht: „Längere Röcke tragen, immer wieder die Position wechseln, die Zehen bewegen.“ Mit solch kleinen Ratschlägen, die den guten Eindruck in Nippon retten, könnte die Oberösterreicherin ein dickes Buch füllen. Stattdessen nimmt die charmante Beraterin heimische Manager an der Hand (im übertragenen Sinn, so locker geht es bei uns auch nicht zu) – und begleitet sie bei ihren ersten, unbeholfenen Schritten auf dem drittgrößten Markt der Weltwirtschaft.

Tiefer verbeugen. Wer dort Geschäfte machen will, kommt um einen persönlichen Besuch nicht herum. Warum? Japaner scheuen das Risiko. Schon der Sachbearbeiter, der die ersten Angebote einholt, überschüttet den Hersteller mit Detailfragen. Was die Österreicher oft misstrauisch macht: Bauen die unsere Sachen nach, gehen sie mit den Plänen nach China? Keine Sorge, beruhigt dann Eder: „Japanische Einkäufer wollen nur sichergehen, dass alles funktioniert und sie jede Frage der eigenen Kunden beantworten können.“ Deshalb ist aber auch das persönliche Kennenlernen so wichtig: „Sie wollen ein Gefühl dafür bekommen, was der Anbieter für eine Person ist, ob sie ihm vertrauen können.“ Also: in den Flieger steigen, Zeit opfern, Wertschätzung zeigen. Und bitte immer vertrauenswürdig bleiben! Was gar nicht so einfach ist, wie es klingt.

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