"Aussendungen aus der Giftküche": SPÖ und ÖVP arbeiten im Streit-Modus

Schieder: "Statt Aussendungen aus der Giftküche zu produzieren und Fake News zu streuen, soll der ÖVP-Klubobmann bei der Wahrheit bleiben."
Schieder: "Statt Aussendungen aus der Giftküche zu produzieren und Fake News zu streuen, soll der ÖVP-Klubobmann bei der Wahrheit bleiben."APA
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Die ÖVP wirft Christian Kern Kern einen "Zick-Zack-Kurs" in Sachen Relocation von Flüchtlingen vor, die SPÖ spricht von "Fake News". Die FPÖ hält Neuwahlen für unumgänglich.

Der Koalitionsstreit um das Flüchtlingsverteilungsprogramm der EU dauerte auch am Sonntag an. Diesmal rückten die Klubobleute von ÖVP und SPÖ mit harten Bandagen aus. Die ÖVP warf Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern einen "Zick-Zack-Kurs" in Sachen Relocation vor, die SPÖ sprach von "Aussendungen aus der Giftküche". Hintergrund des Konflikts ist die von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Rahmen des "Relocation"-Programms der EU zugesagte Übernahme von rund 50 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus Italien. Verteidigungsminister Hans Peter Doksozil (SPÖ) lehnt diese ab, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach sich für einen Aufschub für Österreich in Sachen Flüchtlingsumverteilung aus, weil das Land ohnehin schon so viele Asylwerber betreue.

»Es wäre hilfreich, würden in der ÖVP Überschriften und Politik zumindest ein bisschen etwas miteinander zu tun haben.«

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka forderte von Kern deshalb, den Regierungskurs auf EU-Ebene richtigzustellen. Auf EU-Ebene habe Kern den Umverteilungsprozess nämlich mehrmals mitgetragen, sein Verteidigungsminister spreche sich nun aber gegen Relocation aus. "Wo ist da die Linie?" Es könne nicht sein, dass Kern im Land anders argumentiere als auf europäischer Ebene. "Kern muss seinen New-Relocation-Deal auf europäischer Ebene erläutern und vorgeben", sagte Lopatka in einer Aussendung.

Ähnliches hatte zuvor schon Innenminister Sobotka in der Tageszeitung "Österreich" erklärt. "Kern kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen", meinte der Innenminister. Er sei vom Relocation-Programm nicht begeistert. Aber: "Ich bin der Meinung, dass man diese 50 aus humanitären Gründen durchaus nehmen kann."

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder wies die Kritik Lopatkas indes zurück. "Statt Aussendungen aus der Giftküche zu produzieren und Fake News zu streuen, soll der ÖVP-Klubobmann bei der Wahrheit bleiben. Es war die gesamte österreichische Bundesregierung, die bei Ministerräten 16 mal für die Umverteilung und gerechte Aufteilung von Flüchtlingen zwischen allen EU-Staaten gestimmt hat", erklärte Schieder. Österreich habe sich in der Flüchtlingsfrage als besonders solidarisch erwiesen, weshalb Sobotkas Vorgängerin eine Ausnahme bei der Relocation erzielen konnte. "Es wäre die Aufgabe des Innenministers gewesen, eine Verlängerung dieser Ausnahme im Interesse Österreichs zu erwirken", so Schieder.

»Kern kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen.«

Innenminister Wolfgang Sobotka

Der SPÖ-Klubchef sieht auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert. "Sobotkas Vorschlag einfach nicht zu kommentieren, wird nicht reichen. Viele Ministerratsvorträge zu diesem Thema wurden von Kurz eingebracht. Wie hält es Kurz jetzt mit der Relocation und Österreich? Und wie passt die Relocation zum Vorwurf des Außenministers, dass die 'EU ein Schlepperförderungsprogramm' betreibe? Es wäre hilfreich, würden in der ÖVP Überschriften und Politik zumindest ein bisschen etwas miteinander zu tun haben."

Und Schieder gefällt das Verhalten der ÖVP in den vergangenen Tagen generell nicht. Die ÖVP solle das vereinbarte Regierungsprogramm gemeinsam abarbeiten und nicht am Absprung zu Neuwahlen basteln, mahnte der SPÖ-Klubobmann.

»"Das peinliche Schauspiel dieser Koalition muss endlich ein Finale finden."«

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl

FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hält Neuwahlen wegen des Dauerstreits in der SPÖ-ÖVP-Koalition für unumgänglich. "Das peinliche Schauspiel dieser Koalition muss endlich ein Finale finden", erklärte Kickl am Sonntag in einer Aussendung. "Kaum ein Tag vergeht, wo es nicht zu einem Austausch von Unfreundlichkeiten innerhalb der Bundesregierung kommt. Die Beschimpfungen werden von Tag zu Tag brutaler", meinte Kickl in Reaktion auf die sonntägige verbale Auseinandersetzung zwischen den Klubobleuten von SPÖ und ÖVP rund um das EU-Flüchtlingsumverteilungsprogramm. Kickl sprach von einem unwürdigen Benehmen nur zwei Monate nach dem von der Regierung ausgerufenen Neustart. Der Dauerstreit gehe jedoch zulasten der Österreicher, deren Probleme gelöst gehörten.

(APA)

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