Sommerzeit: Die Sonne scheint für alle gleich

Die Diskussion um die Sommerzeit nervt. Dahinter steckt die ständige Sorge, zu kurz zu kommen - entweder in der Früh oder am Abend.

Kühe geben weniger Milch. Kinder können nicht schlafen oder nicht aufstehen. Schüler schreiben schlechtere Tests. Es gibt mehr Unfälle. Kurz: Die Welt ist ein schlechterer Ort, wenn die Zeit umgestellt wird, zweimal im Jahr. Solang es die Sommerzeit schon gibt, so lang werden die immer selben Argumente aufgeboten, warum das Drehen an der Uhr ein unzumutbarer Eingriff in die natürlichen Abläufe der Zeit darstellt. Manche der Kritiker haben übrigens kein Problem damit, mit Kleinkindern quer über mehrere Zeitzonen zu jetten oder sich spätnachts vom Display ihres Smartphones bescheinen zu lassen. Denn das ist ja eine freiwillige Entscheidung. Die Verweise auf die „Natur“, die von Menschenhand verwirrt wird, wirken im Vergleich mit dem Ausmaß aller anderen menschlichen Eingriffe geradezu niedlich. Das größte Problem von Nutztieren ist sicher nicht, dass ihnen die Sonne abends länger aufs Fell scheint. So sie überhaupt im Freien stehen dürfen.

Hinter der alljährlich ausgewalzten Sommerzeitkritik steckt einerseits das generell wachsende Unbehagen über „von oben“ angeordnete Regelungen, die das Privatleben betreffen. Andererseits aber auch die tiefe Kluft zwischen Morgen- und Abendmenschen. In Österreich und Deutschland gilt nach wie vor nur als mustergültig und fleißig, wer den Morgen nützt. Deshalb müssen Schüler wohl auch noch die nächsten hundert Jahre zu einer Zeit in die Schule, die allen Studien zufolge zu früh ist. Deshalb beginnen Menschen zu einer Zeit zu arbeiten, die anderen Nationalitäten, etwa Franzosen oder Briten, nur ein Kopfschütteln abringt.

Die Sonne von der Früh in den Abend zu verlegen, heißt, hemmungslos der Freizeit zu huldigen, dem Schanigarten, dem Nichtstun. Das Dunkle des Abends, den Appell, sich auszuruhen für den nächsten Morgen, einfach nach hinten zu verschieben.

Die Zahl der Sonnenstunden bleibt für alle gleich, egal, zu welcher Zeit sie stattfinden. Aber gönnen muss man sie können, den einen, und den anderen auch, aber gerade in dieser Disziplin sind wir keine Meister. Wie denn auch, wenn man ständig zu den Benachteiligten gehört. So oder so. Darin sind sich wenigstens Befürworter und Gegner der Sommerzeit einig.

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