Einwurf zum ORF-Gagenreport

(c) Clemens Fabry
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Die „Krone“ veröffentlicht die „geheimen Gehälter“ der ORF-Stars, liegt aber grob daneben. Das Klima zwischen den zwei größten Medienhäusern Österreichs ist aktuell frostig.

Die Schlagzeile der „Kronen Zeitung“ am Montag lautete: „So viel kassieren die ORF-Stars ab“. Im Inneren des Blattes wurde auf zwei Seiten dargelegt, wie viel die ORF-Manager Alexander Wrabetz und Kathrin Zechner und einige der bekanntesten Moderatoren verdienen, die Summen wurden in Relation zu dem Bruttogehalt einer Supermarktkassiererin und eines Bankangestellten gesetzt. Die (Neid-)Geschichte löste Fragen und Kritik aus, angeblich sogar „Krone“-intern. Wir liefern Ergänzungen zu diesem „Gagenreport“.

Die Geschichte: Es stimmt, dass ORF-Moderatoren und „Stars“, wie sie die „Krone“ nennt, viel verdienen. Das hat allerdings verschiedene Gründe, auf die die Zeitung nur am Rande eingeht: etwa eine jahrzehntelange Dienstdauer (z. B. bei ORF-III-Chefredakteurin Ingrid Thurnher) oder erschwerte Bedingungen, die extra bezahlt werden (bei Sonntags-, Früh- oder Spätarbeit, Reisetätigkeit) – oder auch eine gewisse Prominenz. Andererseits steht der ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu Recht in der Auslage und muss sich gefallen lassen, dass über gewisse Dinge wie Gehälter öffentlich diskutiert wird.

Allerdings sind die Fakten in der "Krone"-Titelgeschichte nicht ganz richtig: Schon die Titel-Schlagzeile – „Die geheime Liste“ – ist nicht korrekt. Denn so geheim sind die ORF-Gehälter nicht. Die Gagen der Direktoren werden seit Jahren im ORF-Geschäftsbericht veröffentlicht*. Seit 2012 sind diese übrigens zehn Prozent höher, dafür wurden u. a. die jährlichen Boni und eine automatische Inflationsanpassung abgeschafft. Auch die Gehälter darunter sind zumindest dem Grunde nach bekannt, so sie dem Kollektivvertrag folgen. Tatsächlich nicht bekannt sind individuelle Zulagen und Einkünfte aus Nebenbeschäftigungen (die gerade bei ORF-Moderatoren hohe Summen ausmachen können), die es im ORF sonder Zahl gibt. Die „Krone“ hat sich offenbar grob an den offiziellen Kollektivverträgen orientiert. Sehr grob. Denn sie liegt bei fast allen genannten Personen und Gagen erstaunlich daneben und sogar meist weit unter den tatsächlichen Summen. Mehrere langjährige ORF-Mitarbeiter bestätigen der „Presse“, dass die genannten Beträge zu niedrig sind. Kurz gesagt: Der „geheime Gagenreport“ legt weder geheime, noch richtige Zahlen offen.

Was hinter der Geschichte steckt: Die Beziehung von ORF und „Krone“ lässt sich am besten als Hassliebe umschreiben. Nicht selten machen die zwei größten Medien des Landes gemeinsame Sache, teilen sich sogar Mitarbeiter (Vera Russwurm etwa oder Barbara Stöckl). Dann führen sie wieder Krieg auf offener Bühne. Wobei es so gut wie immer die „Krone“ ist, die den ORF haut, nicht umgekehrt.

Das Verhältnis ist schon seit einiger Zeit getrübt. Dass die „Krone“ jetzt wieder in Angriffslaune ist, hat mehrere Gründe. Es reizt sie – und ihre Leser – die Erhöhung der Rundfunkgebühr ab April um 6,5 Prozent, der die Medienbehörde kürzlich zugestimmt hat. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk fehlt außerdem viel Geld, bis 2021 muss er 300 Millionen Euro sparen. Dass Teile der Belegschaft immer noch so viel verdienen, stört aber auch ORF-Kollegen mit geringerem Gehalt. Und dann ist da noch Alexander Wrabetz, der die Führungsebene neu strukturieren und für jeden Fernsehsender einen eigenen Manager installieren will. Chancen auf einen dieser Jobs werden auch dem ehemaligen Salzburger Landesdirektor Roland Brunhofer zugerechnet. Der soll mehrfach betont haben, „die Sümpfe“ in der ORF-Information trockenlegen zu wollen – und damit soll er auch die gut verdienende „ZiB“-Chefetage meinen.

Und dann gibt es auch noch politische Zündler: Die „Krone“ schreibt am Montag, die „geheime Gehaltsliste“ kursiere „in politischen Kreisen“. Damit ist in erster Linie die FPÖ gemeint. Die war auch die einzige Partei, die am Montag auf das „Krone“-Cover reagierte. Generalsekretär Herbert Kickl forderte in einer Aussendung: „Schluss mit den ORF-Bonzengehältern“ und eine „Gehaltspyramide für steuergeldbezahlte ORF-Angestellte“. Der FPÖ dürfte es zudem nur recht sein, mit dieser Geschichte Armin Wolf anzupatzen. Seit seiner für viele missglückten Recherche um die Israel-Reise von FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer ist man in der Partei noch schlechter auf den Moderator zu sprechen als ohnehin. Auffallend ist aber, dass die „Krone“ in ihrem Gehaltsreport nur ganz bestimmte Namen veröffentlicht, ihr eher wohlgesinnte Personen bleiben unerwähnt. Die Neos präsentierten am Montag ihre Vorschläge für eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und sprangen nicht auf die Gagendebatte auf. Der ORF reagierte interessanterweise nicht auf die „Krone“, aber auf die Neos-Vorschläge. Die seien „ein in freundliche Worte gekleideter Leitfaden zur Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich und zum Ausverkauf des österreichischen Medienmarktes an deutsche und internationale Medienkonzerne“.

* Nachtrag, ergänzt am 30.3.: Der ORF hat die Pflicht, die Gehälter auf Direktorenebene im jährlichen Geschäftsbericht zu veröffentlichen, allerdings ist der seit 2013 nicht mehr veröffentlicht wurden.

Auf einen Blick

Das Gehaltsschema der ORF-Mitarbeiter basiert auf verschiedenen Kollektivverträgen, etwa aus den Jahren 1996, 2003 und zuletzt 2014. Es gibt 18 Gehaltsstufen. Wer in die höchste fällt, erhält rund 140.000 Euro brutto im Jahr. Die Gagen der Direktoren müssen jährlich im ORF-Geschäftsbericht veröffentlicht werden. Alexander Wrabetz verdient im Schnitt 410.000 Euro, die Direktoren darunter erhalten 300.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2017)

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