Wiens Bürgermeister kritisiert die Abkehr von der vereinbarten Flüchtlingsumverteilung.
Dass die Bundesregierung an der vereinbarten Flüchtlingsumverteilung der EU ("Relocation") nicht mehr teilnehmen will, sorgt beim Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) für Unverständnis. "Wir haben uns an geltende Beschlüsse zu halten", mahnte er im Gespräch mit dem "Standard". Zusatz: "Die 50 nehme ich sofort in Ottakring."
Häupl bezog sich dabei auf den jüngsten Anlassfall, in dem es um 50 unbegleitete Minderjährige ging. Er unterstütze den Vorstoß Kerns, die EU darauf hinzuweisen, welche Herausforderungen Österreich in der Flüchtlingskrise bereits bewältigt habe, wird der Bürgermeister zitiert. Gleichzeitig verwies Häupl laut dem Online-Bericht aber drauf, dass man sich "nicht sang- und klanglos" von EU-Beschlüssen verabschieden könne.
Nicht gerade begeistert über die jüngste Entwicklung in Österreich zur Flüchtlingsumverteilung zeigt sich auch der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. "Von einer raschen Umverteilung profitieren alle EU-Staaten, auch Österreich", sagte er am Dienstag in Brüssel. "Österreich hat in den vergangenen Jahren in Europa gemeinsam mit Schweden und Deutschland die meisten Flüchtlinge aufgenommen und einen großen Beitrag geleistet. So sehen das auch unsere europäischen Partner. Ich würde mir deshalb von Österreich in dieser Frage mehr Sachlichkeit und weniger Symbolpolitik wünschen". Eine solche Sachlichkeit in der Asylpolitik "gibt es aber nur mit gemeinsamen europäischen Lösungen, zu der sowohl das Relocation als auch das Resettlement Programm gehört".
Karas bedauert Positionsänderung
Auch der Delegationsleiter der ÖVP im EU-Parlament, Othmar Karas, "bedauert die Positionsänderung der letzten Stunden". Ein Ausstieg aus der sogenannten Relocation "stärkt Österreichs Glaubwürdigkeit nicht." Karas betonte, Österreich sollte immer auf der Seite von Recht, Werten und gemeinsamen Beschlüssen stehen.
Die liberale EU-Abgeordnete Angelika Mlinar sprach von einem "traurigen Schauspiel" im "innerkoalitionären Schlagabtausch". Sie müsse im konkreten Fall Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zustimmen. "Wir müssen einmal eingegangene Verpflichtungen einhalten". Wenn Österreich andere EU-Staaten für die Nichteinhaltung von Beschlüssen kritisiere, "dann müssen wir selbst zu diesen Vereinbarungen stehen".
(APA)