Relocation: "ÖVP sollte sich Meinung der SPÖ anschließen"

Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ)
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ)(c) APA (Robert Jäger)
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Burgenlands Landeschef Niessl fordert insbesondere von Außenminister Kurz mehr Engagement hinsichtlich einer Sonderregelung für Österreich. Derzeit wirke es, als würde die ÖVP "Neuwahlen provozieren".

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) fordert von der ÖVP mehr Unterstützung für Österreichs Ausstieg aus dem Flüchtlingsumverteilungsprogramm "Relocation" der Europäischen Union. "Österreich ist gut beraten, bei wichtigen EU-Fragen geschlossen aufzutreten", sagte Niessl am Donnerstag. Vor allem von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erwartet Niessl mehr Engagement in der Causa.

So wie die SPÖ die ÖVP-Forderung nach einer Anpassung der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder unterstützt hat, würde sich Niessl auch eine "konstruktive Vorgangsweise" der ÖVP für den SPÖ-Vorschlag in Sachen Relocation wünschen: "Hier sollte sich die ÖVP genauso der Meinung der SPÖ anschließen." Außenminister Kurz hätte beim EVP-Kongress auf Malta etwa die Chance, innerhalb der Europäischen Volksparteien Verbündete für den Vorschlag Österreichs nach einer Sonderregelung zu finden. "Diese Chance auf Malta nicht zu nützen, ist gegen die Interessen der Bevölkerung in Österreich. Wir haben die meisten Flüchtlinge pro Einwohner aufgenommen. Jetzt sind die anderen an der Reihe", fordert Niessl eine "faire Verteilung" von Flüchtlingen in Europa.

Anzeichen, dass ÖVP "Neuwahlen provoziert"

Hinter der mangelnden Unterstützung durch die ÖVP vermutet der SPÖ-Landeshauptmann Taktik, nämlich gute Vorschläge aus der SPÖ zu torpedieren, damit diese im Hinblick auf die Nationalratswahlen nicht zu erfolgreich wird. Es deute auch einiges darauf hin, dass die ÖVP mit solchen Blockaden "Neuwahlen provoziert", schloss sich Niessl der Kritik von SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda an, der Kurz "Neuwahlgelüste" unterstellt hatte. Das zeige auch der Umstand, dass die meiste Kritik an Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) etwa nicht von der FPÖ, sondern von der ÖVP komme. "Das muss der SPÖ auf Bundesebene zu denken geben. Ich kann mir keine Koalition im Burgenland vorstellen, wo der Regierungspartner mich mehr kritisiert als die Opposition. Ich bewundere die Geduld des Bundeskanzlers", meinte Niessl.

In der ÖVP war man in Sachen Koalitionsklima nach den Angriffen von SPÖ-Regierungskoordinator Drozda um Beruhigung bemüht und wollte nicht weiter Öl ins Feuer gießen. Die Vorwürfe verfolgten die Parteispitze bis zum EVP-Kongress nach Malta. Generalsekretär Werner Amon betonte noch Mittwochabend, dass die ÖVP keine Neuwahlen wolle und mahnte zur "Abrüstung der Worte auf beiden Seiten der Regierungsparteien". Parteiobmann Reinhold Mitterlehner rief die SPÖ auf, gemeinsam mit der ÖVP in den "Arbeitsmodus" zurückzukehren, und ÖVP-Zukunftshoffnung Kurz ließ sich auf Malta keine "Neuwahlgelüste" anmerken und wollte solche auch gar nicht erst kommentieren.

Hinter den Kulissen dürfte in der ÖVP aber ebenfalls Verärgerung über den Koalitionspartner herrschen. Mit dem Integrationspaket, einem Investitionsprogramm für Gemeinden, der digitalen Autobahn-Vignette oder dem Privatkonkurs-Neu hätte es im letzten Ministerrat gleich eine ganze Reihe von Themen gegeben, die man gemeinsam und positiv hätte präsentieren können, stattdessen wurde wegen 50 minderjähriger Flüchtlinge aus Italien ein unnötiger Streit vom Zaun gebrochen, hieß es aus ÖVP-Kreisen.

(APA)

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