Österreich wird gegen deutsche Pkw-Maut klagen

Weg frei für das Prestigeprojekt der CSU.
Weg frei für das Prestigeprojekt der CSU.REUTERS/Michael Dalder/File Photo
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Nach jahrelangem Streit hat der deutsche Bundesrat den Weg frei für die Einführung einer Pkw-Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen gemacht.

Die umstrittene Pkw-Maut in Deutschland hat die letzte Hürde genommen: Nach jahrelangem Streit ist der Weg für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen frei. Der Bundesrat ließ am Freitag ein vom Bundestag beschlossenes Gesetzespaket passieren, mit dem die EU-Kommission grünes Licht für die "Infrastrukturabgabe" geben will.

Österreich hatte bereits unmittelbar nach dem Bundestagsbeschluss von vergangener Woche mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht - und diese am Freitag bestätigt. "Wir werden gegen die Maut klagen", sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) vor Journalisten. Die deutsche "Ausländermaut" sei eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit". Die Klage soll "relativ zeitnah" erfolgen. Sobald die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einstelle, werde Österreich die Klage einbringen, kündigte Leichtfried an. Laut dem Verkehrsminister hat Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bereits mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Maut-Causa telefonisch besprochen. Heute, Freitag, wurde die Pkw-Maut im deutschen Bundesrat beschlossen.

Kritik übte Leichtfried auch an der Kommission. "Das Vorgehen der Europäischen Kommission ist ein Skandal". Die EU-Kommission hatte sich mit Deutschland auf einen Kompromiss bei der Pkw-Maut geeinigt.

Streit um Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland

Unterdessen kann der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nun die nächsten Schritte für die bisher gestoppte Maut-Einführung angehen. Eigentlich war das zentrale Vorhaben der Christsozialen in der schwarz-roten Koalition schon 2015 beschlossen worden. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze aber bisher nicht umgesetzt.

Zentraler Streitpunkt war der Vorwurf einer Benachteiligung von Fahrern aus dem Ausland, da nur Inländer für Mautzahlungen über eine Senkung der Kfz-Steuer wieder voll entlastet werden sollen. Dobrindt einigte sich aber im Dezember 2016 mit der EU-Kommission auf Änderungen am Modell.

Mautfreie Abschnitte in Grenzregion gefordert

Diese Nachbesserungen sind nun beschlossene Sache. Konkret sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland stärker differenziert werden. Inländer mit abgasarmen Euro-6-Autos sollen als Ausgleich für Mautzahlungen um 100 Mio. Euro zusätzlich bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Am angestrebten Ertrag von jährlich 500 Mio. Euro und der Vereinbarkeit mit EU-Recht gibt es weiterhin Zweifel. Starten soll die eigentliche Maut-Erhebung erst 2019.

Der Länderkammer lagen Empfehlungen der zuständigen Ausschüsse vor, den gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Parlament anzurufen. Dies hätte das Verfahren verzögern können.

Die Länder hatten noch mautfreie Autobahn-Abschnitte in Grenzregionen gefordert, die Bundesregierung lehnt dies ab. Dobrindt hat angekündigt, nach Ende des Gesetzgebungsverfahrens eine europaweite Ausschreibung zu starten, mit der ein Betreiber für das Mautsystem gesucht wird. Durch die Parteien hinweg und in vielen deutschen Bundesländern regt sich unterdessen scharfe Kritik an der Pkw-Maut. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte im Bundesrat, es sei "kein gutes Zeichen für Europa", wenn Deutschland eine "Ausländermaut" einführe. Dadurch entstehe "politisch großer Schaden".

Auch der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) erklärte, die Maut bürde "Einzelhandel und Gastronomie unnötige wirtschaftliche Risiken auf". Der "kleine Grenzverkehr" werde erschwert. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einer "Nutzlos-Maut". Sie koste mehr als sie bringe und sei "in Zeiten, wo wir uns um mehr europäische Zusammenarbeit wieder bemühen müssen, das genau falsche Signal an unsere Nachbarn".

Grüne gegen Maut

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bedauerte das Votum ebenfalls. Ihr Land habe "aus gutem Grund für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses gestimmt", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Nordrhein-Westfalen hatte zuvor erklärt, ohne eine Sonderregelung für die grenznahen Regionen dürfe es keine Gebührenpflicht geben.

Die Grünen kündigten an, das Gesetz zu kippen, sollten sich nach der Bundestagswahl an die Regierung kommen. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck sagte der "Bild"-Zeitung vom Samstag, mit einer grünen Regierung werde es "diese Maut nicht geben". Auch der ökologische Verkehrsclub VCD sprach von einer "unsozialen, ausländerfeindlichen und ökologisch sinnfreien Maut".

(APA/dpa)

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