Digitaler Wandel: Erfolgsrezepte für Führungskräfte

Alexander Falchetto (APA-IT) spricht bei der Eventserie ´Digital Business Trends´ über die Herausforderungen für Führungskräfte durch die Digitalisierung
Alexander Falchetto (APA-IT) spricht bei der Eventserie ´Digital Business Trends´ über die Herausforderungen für Führungskräfte durch die Digitalisierung(c) APA-Fotoservice/Martin Hörmandinger
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Die Digitalisierung bietet für Unternehmen die Chance, vieles zu hinterfragen, und auch die Ansprüche an Führungskräfte verändern sich. Gefragt sind rasche, fundierte Entscheidungen bei zunehmender Komplexität, während man gleichzeitig mit neuen Geschäftsmodellen und Arbeitsformen konfrontiert ist. Diesen Herausforderungen müsse man sich mit kühlem Kopf stellen, erklärten Expertinnen und Experten bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der Plattform „Digital Business Trends“ am 30. März 2017 in Wien.

An Führungskräfte würden künftig viele Anforderungen gestellt: „Einerseits müssen sie die immer schneller wechselnden Technologien selber beherrschen, andererseits auch deren Auswirkungen auf ihr Geschäft abschätzen“, erklärt Alexander Falchetto von der APA-IT bei der Eventserie "Digital Business Trends". Wenn Präsidenten und Sportler mit neuen Technologien umgehen könnten, werde angenommen, dass das auch Führungskräfte zustande bringen.

„Wichtig ist, damit zu experimentieren und Dinge auszuprobieren – selbst wenn sie wie Snapchat auf den ersten Blick merkwürdig erscheinen“, so Falchetto. Auch das Arbeitsleben werde sich verändern. Die interkontinentale Zusammenarbeit und Auslagerungen könnten zu einem Auseinanderdriften führen und Videokonferenzen pushen. Home Office würde sich weiter verbreiten und Arbeitnehmer hätten vielleicht zwei bis drei Arbeitgeber. Das setze ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter voraus.

Auf dem Podium diskutierten zum Thema ´Digital Readiness´ (v. l. n. r.): Christian Rupp (Wirtschaftskammer Österreich), Alexander Falchetto (APA-IT), Jan Krims (Deloitte Österreich), Martin Fluch (A1 Telekom Austria), Andreas Greilhuber (IBM Österreich), Christine Antlanger-Winter (Mindshare Mediaagentur), Thomas Stern (Moderation, Braintrust)
Auf dem Podium diskutierten zum Thema ´Digital Readiness´ (v. l. n. r.): Christian Rupp (Wirtschaftskammer Österreich), Alexander Falchetto (APA-IT), Jan Krims (Deloitte Österreich), Martin Fluch (A1 Telekom Austria), Andreas Greilhuber (IBM Österreich), Christine Antlanger-Winter (Mindshare Mediaagentur), Thomas Stern (Moderation, Braintrust)(c) APA-Fotoservice/Martin Hörmandinger

Viel schwieriger werde auch die Zusammenstellung von Teams. Während die heute 25- bis 35-Jährigen mit vielen Versprechen aufgewachsen seien und einer Work-Life-Balance hohe Priorität einräumen würden, herrsche bei den Jüngeren schon wieder eine große Unsicherheit. Darauf müsse bei der Team-Bildung Rücksicht genommen werden. Am Radar hat Falchetto auch neue Organisationsformen, die aufgrund des hohen Innovationsdrucks notwendig würden. Während Führungskräfte früher sehr oft als Vorbilder gedient hätten, sei nun Resilienz wichtig: „Das heißt: Stolpern, hinfallen, Krönchen zurechtrücken, aufstehen, weitergehen.“

Zahlreiche Mythen verunsichern Führungskräfte

„Mythen über die Digitalisierung lösen bei Führungskräften häufig Ängste aus. Eine davon ist, dass sie alle digitale Pioniere werden und alles bis ins letzte Detail verstehen müssen. Das ist ein Fehlschluss“, meint auch Jan Krims vom Unternehmensberater Deloitte Consulting. Ein weiterer Mythos sei, dass die Führungsaufgaben künftig vollkommen anders aussehen. „Es verändert sich vielleicht der Kontext, aber die Grundaufgaben – etwa die Mitarbeiter zu motivieren – bleiben dieselben“, so Krims. Auch dass man „Digital Leader“ nur außerhalb der eigenen Organisation finde, verweist der Experte ins Reich der Märchen: „Potenziale gibt es in jedem Unternehmen – vielleicht in der Verwaltung, vielleicht in der Rechtsabteilung. Daher empfehle ich einen gelassenen Umgang mit dem Thema.“

„Nach Zentralisierung und strengen Hierarchien braucht es jetzt Unternehmertum auch im Kleinen. Dabei könnte durchaus ein Teil des Unternehmens auf Effizienz, ein anderer auf Innovation getrimmt werden“, so Martin Fluch von der A1 Telekom Austria. Es gebe viele Möglichkeiten, Agilität in die Betriebe zu bringen. „Jeder muss ausprobieren, was für ihn funktioniert. Wir haben den A1 Start Up Campus gegründet, um von anderen Strukturen zu lernen. Und die Diskussionen mit den jungen Leuten sind sehr spannend“, erklärte der Manager. Personen, die sich selbstständig machen, würden zwar oft scheitern, sich aber etwas zutrauen und aus der Komfortzone raus gehen.

Wie man Kosten reduziert, sei hinlänglich bekannt. „Ein innovatives Umfeld schaffen ist da schon schwieriger“, findet auch Andreas Greilhuber von IBM Österreich. Es reiche nicht, sich nur mit neuen Technologien zu befassen oder alle analogen Prozesse zu digitalisieren. „Im Sinne eines Paradigmenwechsels müssen Geschäftsmodelle, etablierte Prozesse und bewährte Arbeitsweisen in Frage gestellt werden. Das erfordert Mut und Durchsetzungskraft“, so Greilhuber. Am Ende zähle Disruption und Tradition sowie Neues und Bewährtes miteinander zu verbinden. Wichtig sei, „das Jammern aufzuhören und zu machen. Und wenn man macht, auch darüber reden“, denn viele Erfolgsgeschichten seien weitgehend unbekannt, gab sich Greilhuber überzeugt. 

Von Schnellschüssen wird abgeraten

„Zum Teil herrscht noch Angst und Orientierungslosigkeit. Und dann erfolgt oft ein extremer Ausschlag in eine Richtung. Die große Gefahr besteht in Kurzschlussentscheidungen, plötzlich alles anders machen zu wollen“, so Christine Antlanger-Winter von der Mediaagentur Mindshare. Wichtig sei unter Beachtung der Realität, die Veränderungen im Auge zu behalten und eine klare Strategie zu entwickeln. Dazu komme, dass die Digitalisierung auch die Erwartungshaltung der Kunden verändere: Die Unternehmen müssten sich darauf einstellen, immer erreichbar zu sein und schnelle Antworten zu liefern. Mitarbeiter sollten sich zudem bei allen Projekten mit einbringen können, „die Silos müssen aufgebrochen werden“.

In 55 Prozent der Unternehmen würde sich als Folge der Digitalisierung das Geschäftsmodell ändern. „Und wir haben mehr als 300.000 Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) in Österreich, die keinen IT-Leiter oder Chief Information Officer (CIO) haben“, verwies Christian Rupp von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) auf die spezielle Situation hierzulande. In der WKO habe man auf „Reverse Mentoring" gesetzt: „Älteren Mitarbeitern wurden jüngere zur Seite gestellt, um ihnen neue Technologien vorzustellen und digitale Werkzeuge zu erklären.“ Die Digitalisierungsoffensive des Wirtschaftsministeriums und der Wirtschaftskammern Österreichs biete jedenfalls im Rahmen eines Förderprogramms ab Sommer 2017 Unterstützung auf mehreren Ebenen – von Beratung über Weiterbildung bis zur Zertifizierung.

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