Thomas Stelzer mit 99,9 Prozent zum ÖVP-Chef in OÖ gewählt

Thomas Stelzer umarmt seinen Mentor und Vorgänger als ÖVP-Landeschef Josef Pühringer.
Thomas Stelzer umarmt seinen Mentor und Vorgänger als ÖVP-Landeschef Josef Pühringer.(c) APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM
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Josef Pühringer gibt nach 22 Jahren das Amt des Landesparteichefs an Thomas Stelzer ab. Er bilanziert: "Wir haben das Flüchtlinsproblem mit Anstand gelöst".

In Linz ist am Samstagvormittag die Hofübergabe von Josef Pühringer an Thomas Stelzer über die Bühne gegangen. Stelzer ist mit 99,9 Prozent - oder 971 von 972 abgegebenen Stimmen - zum neuen Obmann der oberösterreichischen ÖVP gewählt worden. Er löst Josef Pühringer ab, der 22 Jahre an der Spitze der Landespartei gestanden war und zum Ehrenobmann gekürt wurde. Als Landeshauptmann wird Stelzer am Donnerstag angelobt. 

Gewählt wurden auch die Parteiobmann-Stellvertreter. In den Kreis der Vizes zieht neu die designierte Landesrätin Christine Haberlander - statt der Nationalratsabgeordneten Claudia Durchschlag - ein, die übrigen bleiben wie gehabt Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, Wirtschaftsbund-Landesobfrau Doris Hummer, Klubobfrau Helena Kirchmayr und ÖAAB-Bundeschef August Wöginger. Alle erhielten zwischen 98,6 und 99,9 Prozent. Die bisherige Sonderposition des "Ersten Stellvertreters", die Stelzer bisher innehatte, wird ersatzlos gestrichen.

An Pathos mangelte es dem Parteitag nicht: Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer bedankte sich bei der Eröffnung bei den Gästen, "dass wir gemeinsam Geschichte schreiben". Wohlfühlmusik stimmte die rund 1000 Delegierten ein, die den bisherigen und den künftigen Parteichef mit Standing Ovations begrüßten. "Bereit für die neue Zeit", so der Slogan, mit dem man "ein neues Kapitel in der Geschichte der oberösterreichischen Volkspartei" aufschlagen wolle, wie es im Einführungsvideo hieß. Hattmannsdorfer sprach von einer "Bilderbuchübergabe".

"Die bestmöglichen Schwarzen"

Pühringer zog Bilanz seiner politischen Karriere. Der Bundespolitik empfahl er, nicht zu versuchen "die besseren Blauen zu sein", auch nicht "die besseren Grünen" oder "die besseren Roten": "Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir nicht die bestmöglichen Schwarzen sind."

Volkspartei heiße nicht "Allerweltspartei", sie brauche ein klares Profil als starke Kraft der Mitte, mahnte Pühringer. "Wie müssen sorgen, dass die Bundespartei in ein Aufbruchsklima kommt", es gehe den Schwarzen in den Ländern nur gut, wenn es auch der Bundespartei gut gehe. Er erinnerte daran, dass die Landtagswahl 2015 in Oberösterreich "geprägt von besonders schwierigen Umständen" stattgefunden habe. "Die Politik hat den Eindruck vermittelt, sie steht der Flüchtlingskrise, wo Tausende ohne Registrierung über die Grenze gelaufen sind, planlos gegenüber."

Dennoch zog er für das Land zufrieden Bilanz: "Ja, wir haben das Flüchtlingsproblem in Oberösterreich mit Anstand gelöst", betonte er. Man hätte aber schon früher und deutlicher befolgen müssen, was der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck gesagt habe: "Unser Herz ist weit, unsere Möglichkeiten sind begrenzt." Einmal mehr verteidigte Pühringer die Kürzung der Mindestsicherung. Der Sozialstaat müsse auf Dauer finanzierbar bleiben. Ein Sozialstaat auf Pump schade vor allem den Schwächeren in der Gesellschaft, die die Politik immer im Visier haben müsse.

Musikschulen, Musiktheater, Medizinfakultät

Pühringer verteidigte die von ihm umgesetzte Spitalsreform als "alternativlos", er würde sie wieder machen, wenn er auch mehr auf Information setzen würde, wie er einräumte. Als wesentliche Meilensteine nannte er zudem die Medizinfakultät und den Bau des neuen Musiktheaters. Wenn man ihm oft vorgeworfen habe, er sei in die "drei M - Musikschulen, Musiktheater, Medizinfakultät" verliebt, so gestehe er: "Ich bin in diese drei M verliebt, ich bin davon aber auch überzeugt." Oberösterreich müsse ein Land der geistigen Weite sein.

"Oberösterreich ist keine Insel der Seligen", räumte er auch ein, auch hier sei die Finanzkrise nicht spurlos vorbeigegangen. Der Finanzreferent Pühringer ist aber besonders stolz darauf, dass das Land mit dem Steuergeld der Bürger nie spekuliert habe. "Da lasse ich mir den Vorwurf machen, dass ich konservativ und altmodisch bin. Das betrachte ich als Kompliment."

Stelzer: "Wir sind die nummer eins"

Nach Pühringer trat Stelzer ans Rednerpult. Oberösterreich müsse "ein Land der Möglichkeiten" werden, das die Leistungsbereiten anziehe und eine europäische Spitzenregion werde. Die ÖVP müsse ihren Führungsanspruch im Land wieder stärker ausbauen.  "Es gibt eine neue große Partei, die der ÖVP viel näher gerückt ist", so Stelzer mit Blick auf seinen Koalitionspartner FPÖ und dessen Wahlerfolg in OÖ. Aber die ÖVP müsse den Führungsanspruch stellen: "Wir sind die Nummer eins und wir wollen eine noch viel stärkere Kraft werden", denn man habe die besseren Antworten.

Eine dieser Antworten ist, Oberösterreich zu einem "place to be" für all jene zu machen, die etwas leisten wollen: "Wien ist und bleibt die Bundeshauptstadt, aber das neue, spannende, pulsierende Zentrum, das alle anzieht", müsse Oberösterreich sein. Er wolle das Land zu einer Spitzenregion Europas machen, kündigte er an. Oberösterreich müsse sich international stärker bemerkbar machen und Unternehmen ins Land holen.

Die "neue Zeit", so der Slogan des Parteitags im Zeichen des personellen Wechsels, bringe aber auch Herausforderungen und brauche neue Lösungen: "Die Europäische Union, das große Friedensprojekt, bröckelt, manche wollen hinaus", der internationale Terror gehöre zur Tagesordnung, in manchen Ländern stehe Demokratie überhaupt nicht mehr hoch im Kurs, zählte Stelzer auf. "In Oberösterreich geht's uns gut, sehr gut sogar. Aber gerade weil es uns so gut geht, haben wir auch viel zu verlieren, wenn wir nicht vorangehen und uns weiterentwickeln."

Neben der Wahl Stelzers steht auch die seiner Vizes an, deren Zahl von sechs auf fünf sinkt: In den Kreis der Parteiobmann-Stellvertreter zieht neu die designierte Landesrätin Christine Haberlander - statt der Nationalratsabgeordneten Claudia Durchschlag - ein, die übrigen bleiben wie gehabt Agrarlandesrat Max Hiegelsberger, Wirtschaftsbund-Landesobfrau Doris Hummer, Klubobfrau Helena Kirchmayr und ÖAAB-Bundeschef August Wöginger. Die bisherige Sonderposition des "Ersten Stellvertreters", die Stelzer bisher innehatte, wird ersatzlos gestrichen.

(APA)

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