Wir alle sind die Partei. Wir alle sind in der Verantwortung.

Vergangene Woche hat der Grüne Bundesvorstand beschlossen, die Jungen Grünen mit ihren 4000 Mitgliedern trotz Entschuldigungen wegen Fehlverhalten aus der Partei rauszuschmeißen – was bei einigen Landesorganisationen auf Kritik stieß. Dass die Entscheidung ein großer Fehler ist, findet auch Joachim Kovacs, Landessprecher der Wiener Grünen.

Die Jungen Grünen haben Fehler gemacht. Teilweise sogar große. Das ist unbestritten. 

Grund genug für einen Rauswurf? Nein.

Menschen, die etwas tun, die etwas bewegen wollen, machen auch mal Fehler. Und die Jungen Grünen haben verdammt viel getan. Sie sind in den knapp sieben Jahren ihres Bestehens zur Teilorganisation mit den meisten Mitgliedern geworden und wachsen unaufhaltsam weiter. Gut so!

Der Konflikt rund um die ÖH-Wahl war wohl eher Mittel zum Zweck, als Grund für die Scheidung. Vergessen war dabei schnell, dass uns die Jungen Grünen in über 50 Wahlkämpfen unterstützt haben, sie pro Jahr über 250.000 Straßenkontakte vorweisen können und sie unzählige junge Menschen politisiert und organisiert haben, um für eine gerechtere, solidarische Gesellschaft zu kämpfen.

Man kann die Sache gerne auch anders sehen. Wäre ich die GRAS, hätte ich mich auch angegriffen gefühlt. Das ist völlig klar. Doch würde es tatsächlich um die ÖH-Wahl gehen, hätte man dieses Problem schon viel eher aus der Welt schaffen können. Die Grünen Studierenden haben sich ja nicht erst gestern gegründet. Warum hat man mit ihnen verhandelt, wenn klar ist, dass man nur die GRAS unterstützt? Lieber spielt man mit einer Jugendorganisation über eineinhalb Jahre „House of Cards“ und freut sich, wenn man am Ende gewinnt, weil man am längeren Hebel sitzt. Das Problem dabei: Niemand hat wirklich gewonnen. Weder die Grünen noch die, die sich eine nachhaltigere, solidarische Zukunft wünschen. Was für ein Bild geben wir nach außen ab?

Die Kommunikation war und ist ein Desaster, wer jedoch nur diese kritisiert, verkennt die politische Tragweite dieser Fehlentscheidung.

Ich kann gar nicht glauben, was ich alles in diversen Social Media Kanälen lese. Da glaubt man fast, der Konflikt Junge Grüne vs. Partei ist schuld, dass wir uns nicht um wichtigere Probleme, wie real sinkende Löhne oder den Klimawandel, kümmern können. Irgendwie ein Treppenwitz, dass genau jene, die angeblich die Welt retten wollen, teils schon über 20 Jahre grüne Funktionen inne haben und die Welt immer noch „brennt“. Nicht die Jungen Grünen hindern uns daran, Wahlen zu gewinnen und Österreich sozial gerechter zu machen. Es ist die Fokussierung auf die Sicherung interner Macht und Machtstrukturen, die uns bremst.

Ich wünsche mir Politik, die nach außen zielt. Starten wir eine Bewegung, die dafür kämpft, die Steuern auf Arbeit endlich massiv runter zu setzen und es wagt, die Superreichen in diesem Land zur Kasse zu bitten. Wir müssen uns wieder auf die Seite der BürgerInnen stellen. Wir müssen ihnen dabei nicht nach dem Mund reden, aber wir müssen sie ernst nehmen und mit ihnen an einem gerechteren Österreich bauen.

Die SPÖ-Jugendorganisationen haben in ihrer über 100-jährigen Geschichte immer wieder mal gegeneinander gearbeitet, ja sogar gegeneinander kandidiert, ausgeschlossen wurde nie eine. Wir hatten eine Jugendorganisation, um die uns andere Parteien beneiden müssen. Jetzt haben wir keine mehr.

In diesem Sinne fordere ich eine Nachdenkpause und einen Stopp weiterer Beschlüsse auf Landesebene, die die gegenseitigen Seiten in ihrem Denken und Handeln nur noch weiter eingraben. Es ist Zeit für eine ordentliche Portion Selbstreflexion, aus der dann hoffentlich ein Plan der gegenseitigen Annäherung und Aussöhnung erfolgt.

Ich will, dass die Jungen Grünen und mit ihnen all diese jungen, engagierten Menschen bei uns Grünen bleiben und Seite an Seite mit uns für eine bessere, solidarische Zukunft kämpfen.

Wir dürfen nicht länger uns selbst genügen, sondern wir müssen mit einer Bewegung von unten die Partei retten. Und dann die Politik in diesem Land verändern. Zeit, dass sich was dreht!

Der Autor

Joachim Kovacs ist Landessprecher der Wiener Grünen.

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