Das bizarre Hickhack um den Status der Exklave gibt einen Vorgeschmack auf die Verhandlungen um den britischen EU-Austritt.
Theresa May wird die britische Flotte doch nicht nach Gibraltar beordern. Die Premierministerin wolle stattdessen abwarten, zu welchen Schlüssen die EU-27 hinsichtlich der britischen Exklave am südlichen Zipfel der Iberischen Halbinsel kommen werden, sagte ein Regierungssprecher am gestrigen Montag. Der kalmierenden Stellungnahme vorausgegangen waren 48 Stunden voller bizarrer Stellungnahmen und Berichte in den britischen Medien, in denen Spanien implizit mit dem Krieg gedroht wurde, sollte sich Madrid an dem „Felsen“ vergreifen, wie das knapp sieben Quadratkilometer große Überseegebiet liebevoll genannt wird.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Rat der EU: Im Entwurf der Richtlinien für die Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens, die beim Sondergipfel der EU-27 am 29. April fixiert werden sollen, ist explizit davon die Rede, dass Spanien einem künftigen Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU zustimmen muss, sofern sich dieses Abkommen auch auf Gibraltar auswirkt. Entgegen anderslautenden britischen Boulevardberichten ist dies keine spanische Intrige, sondern Usus. Die Neuordnung der britisch-europäischen Wirtschaftsbeziehungen wird so komplex sein, dass sie aller Voraussicht nach als ein sogenanntes Gemischtes Abkommen ratifiziert werden muss. Das bedeutet, dass – ähnlich wie beim Ceta-Pakt mit Kanada – alle mitspracheberechtigten nationalen und regionalen Parlamente der EU zustimmen müssen. Spanien hat also – wie jeder andere Mitgliedstaat – ein faktisches Vetorecht.