"Recht auf Meinungsäußerung": Schnizer bereut FPÖ-Sager nicht

Verfassungsrichter Schnizer im Handelsgericht Wien
Verfassungsrichter Schnizer im Handelsgericht WienAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Die FPÖ hat den Höchstrichter geklagt, weil dieser gemeint hatte, die Partei habe die Anfechtung der Hofburg-Stichwahl schon vor dem Urnengang vorbereitet. Nach 20 Minuten wurde der Prozess vertagt - es war der letzte Verhandlungstag der Richterin.

Im Wiener Handelsgericht hat heute der Prozess gegen den Verfassungsrichter Johannes Schnizer begonnen. Kläger sind Parteichef Heinz-Christian Strache, sein Vize und Vorjahres-Präsidentschaftskandidat, Norbert Hofer, sowie die FPÖ selbst. Es geht um den Vorwurf der Kreditschädigung und Ehrenbeleidigung. Hintergrund sind Interviews, in denen Schnizer gesagt hat, dass er glaube, dass die FPÖ die Anfechtung schon vor der dann aufgehobenen Hofburg-Stichwahl vorbereitet hat. Auf ein Urteil wird noch länger gewartet werden müssen: Die Verhandlung wurde nach zwanzig Minuten vertagt, es kommt zu einem Richterwechsel.

Schnizer betonte indes vor Prozessbeginn gegenüber Journalisten, dass er seine Äußerungen nicht bereue. "Auch ein Verfassungsrichter hat das Recht auf Meinungsäußerung", sagte Schnizer. "Ich habe den Eindruck gehabt, dass die Anfechtung vorbereitet war." Die Entscheidung, ob das zu sagen zulässig war, obliege dem Gericht. Die Journalistenfrage, wie es sei, als Verfassungsrichter vor Gericht zu stehen, beantwortete Schnizer gelassen: Es sei ein ganz normales Gerichtsverfahren.

Letzter Verhandlungstag nach 34 Dienstjahren

Ganz normal war die Verhandlung dann doch nicht. Für die Richterin war es nach 34 Dienstjahren der letzte Verhandlungstag, weshalb sie vor Beginn ausnahmsweise doch Kameraleute und Fotografen für Aufnahmen im Gerichtssaal zuließ. In der Verhandlung erklärte die Richterin, dass sie in der vorbereitenden Tagsatzung keine Personalbeweise, also keine Zeugenaussagen, aufnehmen werde. Der Beklagte, Schnizer, sollte aber schon befragt werden, meinte sie. Dies sei dann die Aufgabe ihres Nachfolgers.

Die Richterin schlug auch vor, das Verfahren zu unterbrechen und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) in einem ähnlichen Verfahren zwischen der FPÖ und dem "Standard" abzuwarten. Die FPÖ-Vertreterin lehnte das ab, die Sachverhalte seien nicht ident. Die FPÖ war in erster Instanz gegen die Zeitung abgeblitzt, legte aber Berufung ein.

Entscheidend ist, ob das Gericht Schnizers Aussagen als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung wertet. Bei einer Tatsachenbehauptung müsste Schnizer den Wahrheitsbeweis antreten, was dieser auch in Aussicht gestellt hat. Dass der Richterin aber die Befragung von Schnizer ausreiche, spreche für die Annahme einer Meinungsäußerung, sagte Schnizers Anwalt Michael Pilz nach der Verhandlung. Er und Schnizer äußerten Zuversicht, dass die Klage abgewiesen wird. Pilz rechnete trotz Richterwechsels noch vor dem Sommer mit einem neuen Verhandlungstermin.

Kläger sind die FPÖ selbst, Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache und der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer. Vertreten wurden sie am Dienstag von Cornelia Haider von der Rechtsanwaltskanzlei Gheneff Rami Sommer. Als Zeugen hat die FPÖ übrigens auch den Verfasser der Anfechtungsschrift, den Anwalt und früheren FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer, beantragt.

Die Causa im Detail

Der VfGH-Richter Johannes Schnizer hatte Ende September sowohl in der Wiener Wochenzeitung „Falter" als auch im ORF erklärt, seiner Meinung nach habe die FPÖ schon vor der aufgehobenen Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai eine Anfechtung vorbereitet. Wenige Tage darauf entschuldigte sich Schnizer bei den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofs dafür, den Gerichtshof ins Gerede gebracht zu haben - gegenüber der FPÖ nahm er jedoch nichts zurück.

Im Oktober des Vorjahres entschieden sich die Freiheitlichen deshalb dazu, den Richter zu klagen. Schnizer solle seine Aussagen widerrufen und künftig unterlassen, lautet die Forderung. Das Argument, Schnizer habe eine „persönliche Meinung“ vertreten, ließen sie ob der Verbreitung seiner Aussagen in einer Zeitschrift und im Fernsehen nicht gelten. Vielmehr stuft die FPÖ die Äußerungen des Höchstrichters nach Paragraf 1330 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (AGBG) sowohl als ehrenbeleidigend als auch als kreditschädigend ein, heißt es in der Klage.

(Red./APA)

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