30.000 Banker in London müssen um ihre Jobs zittern

City workers cross London Bridge during the morning rush-hour in the City of London
City workers cross London Bridge during the morning rush-hour in the City of LondonReuters
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Zahlreiche Auslands-Banker bitten wegen der Hängepartie um den EU-Austritt der Briten um eine Heimsendung in die EU. Jahrelang waren Banker-Talente vom Kontinent in die Gegenrichtung gezogen.

London könnte 10.000 Banken-Jobs und 20.000 Stellen im Bereich der Finanzdienstleistungen verlieren, während Kunden 1,8 Billionen Euro an Anlagewerten nach dem Brexit aus Großbritannien abziehen, schätzt der Thinktank Bruegel. PwC-Daten zufolge gibt es rund 45.000 EU-Bürger, die im Finanzdienstleistungssektor in London tätig sind. Und viele Banker sind ob der Situation verunsichert und gehen proaktiv vor. Weil sie nach Monaten des Wartens keine Lust mehr auf Spekulationen haben, ob ihr Job gestrichen oder verlegt wird, ergreifen einige der ausländischen Mitarbeiter der größten Banken in London selbst die Initiative: Sie bitten darum, wieder in ihre Heimatländer versetzt zu werden. Das erfuhr Bloomberg von Personen, die mit der Lage vertraut sind.

Freiwillige Rückkehr

Angestellte von Citigroup Inc., Goldman Sachs Group Inc. und HSBC Holdings Plc haben sich den Informationen zufolge freiwillig dazu bereiterklärt, in ihre Heimat innerhalb der Europäischen Union (EU) zurückzukehren, sollte ihr Arbeitgeber nach dem Brexit Mitarbeiter verlagern müssen. Bei Société Générale SA sind bereits mindestens zwei Händler in ihre Heimat nach Frankreich und Italien zurückgekehrt, heißt es aus den Kreisen. Dahinter stehe die Erwartung, dass die Bank damit beginnen werde, ihre in London arbeitenden Kollegen über den Kontinent hinweg umzuverteilen.

Einige global tätige Banken haben in der Tat den Prozess angestoßen, einen Teil der in London angesiedelten Geschäftsbereiche zu neuen oder ausgeweiteten Handels- Drehkreuzen in der EU zu verlagern. Zuvor hatte Großbritannien den formalen Prozess für den Austritt aus der EU ausgelöst.

HSBC will bis zu 1000 Stellen nach Paris verlagern

Dabei stellen sich viele Finanzfirmen auf einen so genannten harten Brexit ein. Das würde bedeuten, dass sie das Recht verlieren, ihre Dienste frei in der gesamten Region von ihrem Standort in London aus anzubieten. Sie bemühen sich darum, funktionierende Niederlassungen in Stellung zu bringen, bevor die zweijährigen Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU vorbei sind. HSBC-Manager haben öffentlich kein Geheimnis daraus gemacht, dass die Bank bis zu 1000 Händler von London nach Paris verlagern will.

Brexit könnte somit letztlich zur Umkehr eines Trends beitragen: Jahrzehntelang zogen die klügsten Universitäts- Absolventen aus der gesamten EU nach London, um dort eine Karriere in der Finanzbranche anzustreben. Denn dort hatten die globalen Investmentbanken ihre Europa-Zentralen.

Zu wenig Talente

Informierte Kreise berichten auch von einem Managing Director einer Bank, der unlängst von Frankfurt nach London gezogen ist, um dort eine Handelsabteilung zu leiten, der jedoch seine Frau und Kinder in Deutschland zurückließ. Dahinter habe die Annahme gestanden, dass seine Stelle nach dem Brexit ohnehin dorthin zurückverlagert werde. Nur falls es Großbritannien gelingen sollte, eine gute Vereinbarung mit den EU-Partnern auszuhandeln, wolle er in Erwägung ziehen, seine Kinder aus der Schulde zu nehmen und die Familie nach London nachzuholen.
Angesichts der Knappheit an Talenten in den meisten EU- Finanzzentren hoffen Bankmanager den Kreisen zufolge, dass sie ihre neuen EU-Drehkreuze größtenteils mit bereits angestellten Mitarbeitern ausstatten können, die schlichtweg nach Hause zurückkehren. Das Ziel dabei sei, Zeit und Geld mit Blick auf Anstellung und Training neuer Kollegen zu sparen. Auch gehe es darum, keine großzügigen Pakete anbieten zu müssen, um Mitarbeiter, die eigentlich keine Lust haben, an neue Standorte zu locken.

Sprecher von Citigroup, Goldman Sachs, HSBC und Société Générale wollten auf Nachfrage von Bloomberg keinen Kommentar abgeben.

(Bloomberg)

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