Thomas Stelzer: Der zurückhaltende Kronprinz tritt nach vorn
Es sind große Fußspuren, die Josef Pühringer seinem Nachfolger Thomas Stelzer hinterlässt. Dieser versucht aber gar nicht, eine Kopie zu sein.

Mit dem heutigen 6. April ist Thomas Stelzer offiziell aus dem Schatten von Josef Pühringer (beide ÖVP) getreten. Der am 21. Februar gerade 50 Jahre alt gewordene Linzer wurde mit 92,7 Prozent zum oberösterreichischen Landeshauptmann gekürt. Ein Blick zurück auf die Bilderbuchkarriere des zurückhaltenden Kronprinzen.
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Stelzer stammt, wie er selbst zu erzählen pflegt, aus einer weitgehend von ÖVP-Werten geprägten Familie. Allerdings: Der einzige Politiker, sein Großvater, war Gemeinderat für die SPÖ in St. Florian bei Linz. Der 50-Jährige, der dem ÖAAB zuzurechnen ist, kann auf eine schwarze Bilderbuchkarriere zurückblicken: Matura am Jesuitengymnasium Aloisianum, Jus-Studium, Jobs bei der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, im Landtagsklub und in der Bildungsabteilung des Landes, etliche Jahre als Linzer Gemeinderat, Landesobmann der Parteijugend, ÖVP-Landesgeschäftsführer, Obmann des oberösterreichischen Familienbundes. Seit 1997 hatte er ein Landtagsmandat inne, vor seinem Eintritt in die Landesregierung 2015 war er Klubobmann.
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Von Pühringer persönlich wurde Stelzer sukzessive als Nachfolger aufgebaut. So ruhig und stetig sein parteiinterner Aufstieg vor sich ging, so rau droht es bei der Landtagswahl 2021 für ihn zu werden. Denn in FPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner könnte ihm ein echter Konkurrent um den Landeschef-Sessel erwachsen - und Stelzer hat sich offenbar bereits eine Strategie zurechtgelegt: Während Pühringer im Paarlauf mit dem Koalitionspartner FPÖ wenig innig wirkte, besetzt er offensiv blaue Themen. Er agiert aber nicht mit der Brechstange, wenn er dabei an Grenzen, z.B. juristischer Natur, stößt.
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Als Bildungslandesrat wollte Stelzer Deutsch am Pausenhof durchsetzen, als Personalzuständiger ließ er ein Kopftuchverbot im Landesdienst prüfen und er gilt als Verteidiger des Kreuzes in Schulklassen oder Gerichtssälen. Die Schulsprache Deutsch ließ sich nur auf freiwilliger Basis in der Hausordnung verankern. Auf das Kopftuchverbot verzichtete er vorerst, weil der Verfassungsdienst eine bundeseinheitliche Lösung empfahl. Dennoch: "Politische Entscheidungen brauchen auch Symbole, damit sie breit wahrgenommen werden", sagt Stelzer.
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Wo er bundespolitisch steht, ist noch offen. Einerseits verbindet ihn in seinem Werteverständnis viel mit Außenminister Sebastian Kurz, andererseits hat er sich nie gegen Bundesparteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, einen Oberösterreicher, gestellt. Während Pühringer trotz zwölf Jahren Schwarz-Grün und nunmehr Schwarz-Blau immer als Großkoalitionär galt, ist Stelzer flexibler. Es gebe eben auch "ganz viele Phasen, wo das nicht funktioniert". Dennoch lehnte er vorzeitige Neuwahlen zuletzt ab.
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In der Landespartei hatte er einen guten Start: Bei der Landesparteikonferenz war er einstimmig als Pühringer-Nachfolger nominiert worden, beim Parteitag erhielt er 99,9 Prozent, der Landtag hob ihn mit 92,7 Prozent ins Amt des Landeshauptmanns. Nach außen scheint alles eitel Wonne zu sein. Doch ist es noch nicht lange her, dass sich der einst selbst als Kronprinz gehandelte Wirtschaftslandesrat Michael Strugl mit ihm einen unschönen Schlagabtausch geliefert hatte. Ebenfalls noch in Erinnerung ist der Aufschrei der ÖVP-Frauen, als nach der Wahl die einzige Landesrätin gehen musste - und Stelzer ihr Ressort übernahm. Diese Scharte wird nun ausgewetzt, indem wieder eine Frau, Christine Haberlander, in die Regierung einzieht. (Bild: Thomas Stelzer, ABB-CEO Ulrich Spiesshofer und Michael Strugl)
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Privat ist der 50-jährige gebürtige Linzer, der in Wolfern nahe Steyr wohnt, ein begeisterter Fußball-Fan und - wie am Parteitag von Klubobfrau Helena Kirchmayr geoutet - trotz schlanker Figur eine Naschkatze. Seine Frau Bettina (Bild) ist Unternehmerin und leitet eine Firma für Gastroeinrichtungen. Das Paar hat zwei Kinder im Schulalter. Stelzer gilt als zielstrebig und ehrgeizig. Im Umgang ist er freundlich und etwas zurückhaltender als Pühringer - aber eben auch noch nicht so "bei die Leut'" wie sein Vorgänger. Der hatte ja auch 22 Jahre lang Zeit, seine Omnipräsenz aufzubauen. (Bild: Bettina Stelzer-Wögerer, Thomas Stelzer und Josef Pühringer)
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