Der Tag, der Geschichte schreibt: Am 9. November 1989 feiern tausende Menschen am Brandenburger Tor in Berlin die Öffnung der Mauer. "Im Umgang mit Superlativen ist Vorsicht geboten, sie nutzen sich leicht ab. Doch heute Abend darf man einen riskieren: Dieser neunte November ist ein historischer Tag", kommentierte die ARD in den Abendnachrichten.
Es ist ein Notizzettel, der die Welt verändert: Günter Schabowski, Mitglied des SED-Politbüros, liest auf einer Pressekonferenz von einem Stück Papier die Aussage ab, die nur Stunden später dafür sorgt, dass die Mauer fällt. "Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen beantragt werden. (...) Die zuständigen Abteilungen Paß- und Meldewesen der Volkspolizeikreisämter in der DDR sind angewiesen, Visa zur ständigen Ausreise unverzüglich zu erteilen."
Bis heute ist nicht geklärt, ob Schabowski klar ist, was er bei dieser Pressekonferenz verlesen hat. Auf die Nachfrage eines italienischen Journalisten, wann die Regelung in Kraft treten soll, antwortet er: "Ab sofort, unverzüglich!"
Die Nachricht, live in der abendlichen Nachrichtensendung "Aktuelle Kamera" gesendet, verbreitet sich rasch im ganzen Land. Viele können es nicht glauben. Mit einem Mal darf man in den Westen reisen.
Auch der Westen selbst ist überrascht: Internationale Nachrichtenagenturen melden gegen 19 Uhr: "DDR öffnet Grenze". Am Rande eines Staatsbanketts in Warschau erfährt Bundeskanzler Helmut Kohl gegen 21.30 Uhr von den Ereignissen in Ost-Berlin. Die Meldungen der Nachrichtenagenturen überrumpeln auch Washington, London und Paris.
(c) AP
An den Grenzübergangsstellen in Ost-Berlin sammeln sich am Abend immer mehr Menschen, um die versprochene Reisefreiheit einzufordern. Die Grenzwächter haben die Anweisung, die Menschen auf den nächsten Tag zu vertrösten.
Gegen 23.30 Uhr öffnen die von der Situation überforderten Grenzer unter dem Druck der Menschenmassen die Schlagbäume. Zuerst an der Bornholmer Brücke, wo der Leiter der Kontrollstelle meldet: "Wir fluten jetzt." Kurze Zeit später fallen auch an den anderen Berliner und innerdeutschen Grenzen die Barrieren.
Ein nächtlicher Freudentaumel durch West-Berlin beginnt. Zehntausende strömen über die Grenze, um einen Blick in den Westen zu werfen - oder um gleich für immer dort zu bleiben.
Seit den frühen Morgenstunden feiern Ost- und Westberliner am Berliner Kurfürstendamm eine Jubelparty.
Am Brandenburger Tor halten Tausende Menschen die Panzermauer besetzt.
Bürgermeister Walter Momper und Willy Brandt versuchen, die Menschen zu bewegen, von der Mauer herabzusteigen - ohne Erfolg.
Auf der Panzermauer mischen sich am nächsten Tag auch aggressive Töne. "Die Mauer muss weg", Menschen beginnen, diesem Ziel mit Vorschlaghämmern näherzurücken.
(c) AP (JOHN GAPS III)
Südlich der Mauer, in Richtung Potsdamer Platz, wird schließlich im übermütigen Taumel begonnen, die Mauer aufzumeißeln und ihre Rohrauflagen zu demontieren.
Mauerspechte stemmen Betonstücke aus der Mauer ...
... in der Nähe des Brandenburger Tors sehen DDR-Grenzer hilflos zu, wie die Menschenmasse ein Mauersegment einreißt.
An den nächsten Tagen werden neue Grenzübergänge geöffnet. Tausende Trabis rollen vom Osten in den Westen. Der Fall der Mauer und die Reisen von Millionen von DDR-Bürgern in den Westen tragen dazu bei, dass die Forderung nach einer Wiedervereinigung immer lauter wird - und die nach einer Reform der DDR mehr und mehr verklingt.
Berlin im Freudentaumel
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