Die Reimanns: Diskret, erfolgreich, sagenhaft reich

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US-PANERA-BREAD-AGREES-TO-BE-PURCHASED-FROM-OWNER-OF-KRISPY-KREM(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULL
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Vermögen. Vier Wahlösterreicher kontrollieren über ihre Familienholdings ein Beteiligungsimperium. Es umfasst über 100 Marken, ein Fünftel des globalen Kaffeeabsatzes und wächst durch milliardenschwere Zukäufe ständig weiter.

Wien. Wer wirklich Geld hat, scheut die Öffentlichkeit. So auch die Reimanns, eine der reichsten Familien Deutschlands. Vier Adoptivgeschwister – Matthias, Stefan, Wolfgang und Renate – zahlten den Rest der Sippe aus, nahmen 2006 die österreichische Staatsbürgerschaft an und verlegten ihren Sitz nach Wien. Sie flohen vor der deutschen Erbschaftssteuer, deren Erhöhung gerade zur Diskussion stand. In die Medien kommen die relativ bescheiden lebenden Reimanns nur dann, wenn ihre JAB-Holding durch einen milliardenschweren Zukauf von sich hören macht. So wie am Mittwochnachmittag – als die Beteiligungsgesellschaft bekannt gab, dass sie sich die US-Bäckereikette Panera Bread um rund sieben Mrd. Euro einverleiben will.

Solches passierte in der letzten Zeit im Jahrestakt: Im Vorjahr schnappten sich die Reimanns den US-Kaffeehersteller Keurig Green Mountain (12,8 Mrd. Euro), 2015 die Wella-Produktlinie von Procter & Gamble (11,1 Mrd.). Alle Deals sind zu einem guten Teil eigenfinanziert, weil das Gros der Gewinne seit Jahrzehnten im Unternehmen verbleibt. Auf welchen Betrag sich das Familienvermögen bis heute aufgehäuft hat, ist naturgemäß nicht genau bekannt. Die deutsche „Wirtschaftswoche“ schätzte es für Ende 2015 auf 20 Mrd. Euro. Die Holding selbst hatte zu diesem Zeitpunkt sogar einen Wert von über 30 Mrd. Er liegt deshalb höher, weil auch einige familienfremde Geldgeber dazugestoßen sind – unter anderem die Investorenlegende Warren Buffett.

Putzmittel und Luxusdüfte

Angelockt hat sie das äußerst glückliche Händchen des deutschen Managers Peter Harf, der das Vermögen der Dynastie seit den 1980er-Jahren verwaltet und vor allem vermehrt. Der 70-Jährige, ein als hemdärmelig beschriebener Rheinländer, arbeitet wie seine beiden Kollegen im Führungsteam – ein Niederländer und ein Franzose – vor allem von den USA und von London aus.

Der formale Sitz ist aber in Wien: Zwei Dachholdings halten von hier aus die Anteile an der JAB, die ihren juristischen Standort in Luxemburg hat.

Wie aber ist die Dynastie zu ihrem Firmenreich gekommen? Der Name JAB verrät die Ursprünge. Es sind die Initialien von Johann Adam Benckiser. Er gründete 1823 in Pforzheim ein Chemieunternehmen, das Reinigungsmittel auf Basis von Zitronensäure herstellte. Ein externer Manager namens Ludwig Reimann führte es zum Erfolg und heiratete die Tochter des Gründers (das Unternehmen hieß aber weiter Benckiser). Ururenkel Albert Reimann erwarb in den 1960er-Jahren die Marken Calgonit und Kukident.

Die große Expansion erfolgte aber erst unter der Ägide von Harf, vor allem mit dem Wasserenthärter Calgon. Kurz nach dem Börsengang fusionierte Benckiser 1999 mit dem britischen Konkurrenten Reckitt. An Reckit Benckiser, wie der Konzern seitdem heißt, hält die JAB weiter knapp elf Prozent. Fast zur Gänze gehört der Familienholding der Parfumhersteller Coty, den sie dem US-Pharmakonzern Pfizer abkauft hat.

Der Schwerpunkt des Imperiums liegt heute auf Kaffee und Luxusmarken, von Parfums bis zu den Kult-Stöckelschuhen von Jimmy Choo. Es duftet nach Calvin Klein, Joop und Playboy, aber auch nach Jacobs, Carte Noire, Senseo und Tassimo. Durch die Zukäufe unter Harfs Regie hat die JAB laut „Manager Magazin“ mittlerweile einen Anteil von 20 Prozent am globalen Kaffeeabsatz errungen. Der Gewinn soll 2014 bei zwei Mrd. Euro gelegen haben. Zumindest in einem gewissen Sinne scheint König Midas heute in Wien zu Hause zu sein. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2017)

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