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Zeitnah geht die Welt zugrund' . . .

Wenn Wiens Bürgermeister ein hässliches amtsdeutsches Wort einführt, darf man sich Sorgen machen.

„Zum Raum wird hier die Zeit“, heißt es im „Parsifal“ (und manche Musikkritiker sind offenbar enttäuscht, wenn das zur Folge hat, dass es auf der Bühne nicht recht beschwingt zugeht). Albert Einstein hat 1905 dieses Postulat des Gurnemanz in der speziellen Relativitätstheorie präzisiert, im sog. Minkowskiraum ist die Zeit (multipliziert mit der Lichtgeschwindigkeit) die vierte Achse der Raumzeit.

Ob es die Kenntnis der Oper oder der Physik war, die sie dazu bewog, ist ungeklärt, aber es waren wohl preußische Beamte, die ein paar Jahrzehnte später das unschöne Wort „zeitnah“ erfanden. Es heißt nicht viel mehr als „bald“, aber es klingt so offiziös, dass es jeden Petenten entmutigt. Er spürt: Zum Raum wird hier die Zeit; er wäscht langer Irrfahrt Staub von sich und meidet das Amt fortan. Mit selbst ist das Wort erst vor einem Jahr zu ersten Mal begegnet, in der Korrespondenz mit einem badischen Rechtsanwalt, der auch über die „vorbezeichnete Angelegenheit“ schrieb und den E-Mail-Verkehr so beendete: „Der Vorgang wird nunmehr in meinem Haus geschlossen.“

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