Cornelius Hell: Wer war Johannes Bobrowski?

Dass die Briefe von Johannes Bobrowski nun ediert sind, ist die eigentliche Sensation zu seinem 100. Geburtstag. Die Kommentare des Herausgebers erschließen nicht nur Biografisches, sondern ein ganzes Kapitel deutscher Literatur- und Zeitgeschichte.

Wer einmal eingetaucht ist in den Sound der Gedichte von Johannes Bobrowski, wird sie schwerlich wieder vergessen. So manches aus den verschiedenen Tendenzen der Lyrik der 1960er-Jahre – ob politisch engagiert oder sprachexperimentell – hat inzwischen Patina angesetzt, aber Bobrowski, damals ein faszinierend fremdartiger Monolith in der literarischen Landschaft, lässt noch immer aufhorchen. Das archaisch Erdschwere dieser Dichtung, deren Rhythmus und Satzbau aus der freirhythmischen Odentradition seit Klopstock und Hölderlin kommt, vergegenwärtigt nicht nur vergessene Landschaften, sondern schreibt ihnen auch historisch-politische Erinnerung ein.

Bobrowskis Landschaften: Sie gehören allesamt zu seinem Kontinent Sarmatien – „eine Bezeichnung, die sich bei Herodot für die Gegend nördlich des Schwarzen Meeres findet, eine ferne, weite Landschaft, die für Bobrowski zu einem neuen künstlerischen Entwurf wurde, ein geschichtlicher Raum, der in der Jetztzeit gespielt wird“, wie Helmut Böttiger im Nachwort der zum 100. Geburtstag Bobrowskis endlich wieder lieferbaren „Gesammelten Gedichte“ schreibt.

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