"Stop Autokratie": Proteste gegen Serbiens Premier in Wien

Auch in Serbien selbst gibt es Proteste gegen Vucic. (Symbolbild)
Auch in Serbien selbst gibt es Proteste gegen Vucic. (Symbolbild)REUTERS
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150 Menschen demonstrierten am Heldenplatz gegen den Sieg Vucics bei der Präsidentschaftswahl in Serbien. Die Demonstranten fürchten um die Demokratie ihres Landes.

Der seit Montag in der serbischen Hauptstadt Belgrad und anderen Städten anhaltende "Protest gegen die Diktatur" ist am Samstag in eine nächste Runde gegangen. Auch am Wiener Heldenplatz haben rund 150 Personen haben am Samstagnachmittag gegen den Sieg von Premier Aleksandar Vucic bei der serbischen Präsidentenwahl am Sonntag protestiert. "Stop Autokratie" und "Recht auf Medienvielfalt", war auf Transparenten zu lesen.

Es handle sich dabei um keine Demonstration, sondern um eine spontane Versammlung für demokratische Rechte in Serbien, erklärt Sprecherin Katarina Kaupa gegenüber der APA. Zusätzlich wurde eine Vereinfachung der Wahlprozedur für Auslandsserben gefordert: "Wir hatten nur eine Woche, um uns für die Wahl anzumelden. Die wenigsten haben es geschafft, auf die Liste zu kommen."

"Recht auf freie Wahlen" steht auf dem Plakat eines Protestteilnehmers. "Bei der Präsidentschaftswahl, die am 2. April stattgefunden hat, hat es viele Manipulationen gegeben. Die Menschen wurden mit ihren Jobs erpresst", erzählt er. Weiters seien Stimmen verkauft worden.

Note gegen Wahlstimme

"Man hat Studenten gezwungen, Vucic zu wählen, um einen Abschluss machen zu können", ergänzt eine Studentin der Wirtschaftsinformatik, die anonym bleiben möchte. "Das weiß ich von Freunden." Jelena, Mutter einer Studentin, bestätigt: "Auch an der Uni herrscht Korruption: Studierende, die reiche Eltern in guten Positionen haben, bekommen bessere Noten. Unsere Kinder studieren in Österreich, weil sie in Serbien keine Zukunft haben."

Die Arbeitslosenrate lag 2016 in Serbien bei 17,1 Prozent. Jedes Jahr gehen zehntausende junge Menschen ins Ausland. "Ich bin einer von ihnen." berichtet ein Soziologiestudent. "Hier habe ich bessere Perspektiven. Österreich repräsentiert für mich einen funktionierenden Staat mit starken Institutionen und Wien ist ein gutes Beispiel für Multikulturalismus."

Das Regime in Serbien sei total autokratisch, sagt der Wissenschafter Srdjan Sarikas. Der Slogan "Stop Autokratie, Stop Kleptokratie, Stop Vucic" klebt auf seinem Fahrrad. Vucic regiere mit "Eiserner Faust". Die EU unterstütze jedoch den bisherigen Ministerpräsidenten, weil sie in ihm einen Garanten für Stabilität sehe und er sich als einziger pro-europäischer Politiker darstelle. Tatsächlich sei die Opposition aber auch pro-europäisch eingestellt.

"Es herrscht Mediendunkelheit"

Die mediale Omnipräsenz von Vucic, dem ehemaligen Informationsminister in Milosevics Regierung, sei ein großes Problem, ergänzt Software-Entwickler Vladimir Gavrilov. Aufgrund der Medienkontrolle seien die Wähler "vollkommen falsch informiert". Unabhängige Medien kämpften ums Überleben. "Erst vor einer Woche wurde die Belgrader Zeitung Danas eingestellt.", so Gavrilov.

"Es herrscht Mediendunkelheit", fasst es Kaupa zusammen. Von der APA gefragt, was sie sich für Serbien wünsche, antwortet die Kindergartenpädagogin: "Wir sehen hier in Österreich, wie Demokratie gelebt wird und was für eine Sicherheit es einem gibt, wenn die eigene Stimme zählt. Das wünschen wir uns auch für unser Land."

Um 14.00 Uhr begann sich die laut Behördenangaben friedliche Versammlung aufzulösen. Die Initiative für die "Versammlung für demokratische Rechte in Serbien" ging von serbischen Studenten in Wien aus und wurde laut offizieller Erklärung weder von einer Partei, einer Organisation noch von einem Verein unterstützt.

(APA)

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