Studentenproteste: Auf der Suche nach der Uni-Milliarde

(c) Clemens Fabry
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In allen Bundesländern gingen am Donnerstag Hochschüler auf die Straße. Die Regierung versucht inzwischen, Geld für die Universitäten aufzutreiben. Bisher fand sie aber nicht viel.

Österreichweit protestierten am Donnerstag die Studenten. Am Vormittag gab es ein „Sit-in“ vor dem Büro des (abwesenden) Wissenschaftsministers Johannes Hahn (der mit den Gedanken wohl anderswo war, musste er doch zum Hearing als nächster EU-Kommissar im Parlament antreten). Der – nicht parteipolitische – Protest war vor 15 Tagen von einer Besetzung des Audimax an der Uni Wien ausgegangen. Seither halten die basisdemokratisch organisierten Studenten dort Tag und Nacht Stellung, obwohl es Zugeständnisse der Politik gibt. So machte der Wissenschaftsminister 34Millionen Euro aus einer „Ministerreserve“ locker.

Kritisiert werden unter anderem Platzmangel in Lehrveranstaltungen, schlechte Betreuungsverhältnisse, mangelhafte Infrastruktur und die neue Studienordnung mit Bachelor und Master.

 

 

Georg Winckler: Uni-Wien-Rektor

Der Rektor der Uni Wien hätte theoretisch die Möglichkeit, die Studienbedingungen zu verbessern. Er müsste nur Geld von seinem Ein-Milliarden-Budget umschichten. Aber in der Praxis gibt er statt für Lehre lieber Extrageld für Forschungsprogramme aus, um die wissenschaftliche Reputation der Uni Wien zu verbessern. Er könnte sogar faule Uni-Angestellte rauswerfen.

Werner Faymann: Bundeskanzler

Werner Faymann hatte in den letzten Tagen alle Hände voll zu tun, um den Unterschied zwischen Zugangsregeln und Zugangsbeschränkungen zu erklären. Der letzte Stand am Donnerstag: Er ist für bessere Einstiegs- und Orientierungsphasen an den Unis, will aber nicht, dass Österreich alle deutschen Studenten aufnimmt. Die Regierung einigte sich darauf, die universitären Mittel bis 2020 kräftig anzuheben.

Josef Pröll: Finanzminister

Auch der Finanzminister hat kein zusätzliches Geld. 77,5 Mrd. Euro wurden 2009 an die Ministerien verteilt, 3,8 davon für Wissenschaft und Forschung – im Gegensatz zu anderen Ministerien sogar ein Plus. Schmieds Schulressort bekam 7,3 Mrd. Euro. Würde Pröll den Unis nun mehr Geld geben, was er rechtlich gar nicht kann, würde es in anderen Ressorts, die auch darben (etwa Justiz), abgehen.

Johannes Hahn: Wissenschaftsminister

Der Minister wurde von den Hörsaalbesetzungen überrascht, er hatte kein Krisenmanagement. Die Bereitstellung von 34Millionen Euro aus seiner Budgetreserve geht an den Anliegen der Studen- ten vorbei. Hahn sieht die große Dialogveranstaltung am 25.November als das Nonplusultra – was sie aber nicht ist und nicht sein kann.

Reinhold Mitterlehner: Wirtschaftsminister

Er prüft nunmehr bis zum Ministerrat am 17.November, ob und welche Bauvorhaben und Investitionen an den Unis in dieser Legislaturperiode vorgezogen werden können. Mitterlehners Spielraum ist allerdings beschränkt: De facto müssten die Universitäten selbst mehr Geld bekommen, damit diese die Projekte bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) „bestellen“ und finanzieren können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2009)


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