Geheimdienst: Ex-Agent im Visier

(c) AP (Lilli Strauss)
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Gegen Ex-Verfassungsschutzchef Polli ermittelt der Staatsanwalt: Verbindungen zum Iran werden durchleuchtet.

WIEN (stög.). Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt seit April gegen Gert-René Polli (49), den früheren Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT). Grund dafür ist ein Rechtshilfeersuchen der deutschen Justiz. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft wollte keine näheren Details dazu angeben, es gehe aber um die Weitergabe von Dokumenten. Bestätigt wurde zumindest aber, dass der Iran in den Untersuchungen eine Rolle spiele.

Welche Rolle spielte CIA?

Das ist insofern brisant, weil die Kontakte von Polli zum Iran während seiner Zeit als BVT-Chef von 2002 bis 2007 immer wieder Anlass zu Spekulationen gaben. Es gibt Mutmaßungen, gemäß denen sich Polli durch seine Beziehungen zu angeblichen iranischen Geheimdienstmitarbeitern den Unmut eines in Österreich agierenden hohen CIA-Agenten zugezogen habe. Die USA hätten es nicht goutiert, dass auf Veranlassung von Polli hin ein iranischer Nachrichtenoffizier in Österreich akkreditiert worden sei. Dieser Verbindungsmann starb übrigens bald darauf in einer Wiener Moschee. Angeblich an einem Herzinfarkt.

Zudem gab es Waffenlieferungen in den Iran, die den Amerikanern ebenfalls gegen den Strich gingen. In seinen letzten Jahren als Leiter des BVT soll es – aufgrund der regen Iran-Kontakte von Polli – immer weniger Zusammenarbeit mit wichtigen internationalen Diensten gegeben haben. Das blieb auch dem Kabinett nicht verborgen: Ende 2007 musste Polli schließlich seinen Posten räumen.

Danach „parkte“ das Innenministerium Polli – übrigens ebenso wie den abgelösten Bundeskriminalamtschef Herwig Haidinger – in der Sicherheitsakademie. Schließlich wurde sein Kärntner Landsmann und Siemens-Chef Peter Löscher auf den Sicherheitsexperten aufmerksam. Er engagierte Polli als Leiter der gesamten Konzernsicherheit. Als die Ermittlungen dann aber Löscher bekannt wurden, musste der frühere BVT-Chef auch bei Siemens den Hut nehmen. Die Trennung sei einvernehmlich erfolgt, heißt es in der Konzernzentrale.

Polli ist eine „Erfindung“ von Ex-Innenminister Ernst Strasser. Dieser holte den Absolventen der Militärakademie vom Heeresnachrichtenamt ins Innenministerium. In der ehemaligen Staatspolizei, die 2002 unter Führung von Polli zum BVT transformiert wurde, versahen damals fast ausnahmslos Mitarbeiter der ehemaligen EBT (Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus) Dienst. Dem Nichtpolizisten Polli schlug dort wenig Sympathie entgegen.

Anwalt übt scharfe Kritik

Der gelernte Tischler und promovierte Politikwissenschaftler mit Ausbildung in Kalifornien gilt im persönlichen Umgang als schwer zugänglich. Dennoch wird er in internationalen Sicherheitskreisen als durchaus fähiger Analytiker geschätzt.

Juristisch vertreten wird Polli, der eine Rückkehr ins Bundesheer immer ausschloss, von Rechtsanwalt Hermann Heller, einem der höchsten Milizoffiziere des Heeres. Dieser bezeichnet die Vorwürfe gegen seinen Mandanten als „reines Politikum“. Er kritisiert, dass Polli zu den Vorwürfen nie befragt worden sei und meint, dass die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss stünden. Heller befürchtet aber, dass die Existenz seines Mandanten ruiniert werde.

Auf einen Blick

Gert-René Polli. Der 49-Jährige war von 2002 bis 2007 Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Danach agierte er als Sicherheitschef von Siemens. Seit einigen Monaten laufen auf Ersuchen Deutschlands Ermittlungen gegen Polli. Darin soll es um Datenweitergabe und Verbindungen zum Iran gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2009)

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