Ovotherm: Hüllen für 2,5 Milliarden Eier

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To match feature BOSNIA-CROATIA/FARMERS(c) REUTERS (Dado Ruvic)
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Vor Ostern herrscht bei Ovotherm Hochsaison. Die Firma aus Wiener Neudorf hat sich zum Weltmarktführer bei Klarsicht-Kunststoffverpackungen für Eier hochgearbeitet.

Wiener Neudorf. Das Henne-Ei-Problem ist zumindest in diesem Fall leicht zu lösen. Denn bei der Firma Ovotherm geht es nur um Eier und nicht um das Huhn. Vielmehr geht es um die Verpackung. Da ist die Abfolge einfach: zuerst das Ei, dann die Verpackung. Im Unterschied zu anderen Lebensmitteln und Konsumgütern nimmt beim Ei kaum ein Konsument Notiz von der Verpackung. Hauptsache, die Eier entsprechen den Wünschen, sind also etwa bio und haben eine braune oder weiße Schale. Das ist schade, denn die von der Form her so typischen Hüllen kommen großteils aus Österreich, genauer gesagt aus Wiener Neudorf. Die Firma Ovotherm hat sich nämlich in nicht einmal 50 Jahren zum Weltmarktführer bei Klarsicht-Kunststoffverpackungen für Eier hochgearbeitet.

In Zahlen sieht das so aus: Täglich werden in den Partnerfabriken in Ungarn und in Mexiko im Schnitt eine Million Eierboxen verschiedener Größen produziert. Und weltweit gehen jährlich an die 2,5 Milliarden Eier in Ovotherm-Hüllen über den Ladentisch. Jetzt, vor Ostern, herrscht natürlich Hochsaison, „da arbeiten wir alle rund um die Uhr“, erzählt Franz Hofer. Der langjährige Philips-Manager folgte 2002 dem Ruf eines Headhunters und übernahm wenig später die Firma, die schon eine wechselhafte Geschichte hinter sich hatte. „Für mich gab es nur ein Ziel: selbstständig zu werden“, sagt Hofer, der inzwischen ein beherzter Unternehmer geworden ist. Man spürt förmlich die Passion für ein Produkt, das keinesfalls so trivial ist, wie es aussieht, wenn er über neue Ideen, Entwicklungen und Märkte spricht.

Produziert wird im Ausland

Produziert wird seit 2010 zwar nicht mehr in Österreich, wobei es bei der Verlagerung nicht nur um niedrigere Kosten ging. „Wir wollten vor allem näher an den Kunden heran“, erklärt Hofer. Aus Mexiko beliefere man etwa Latein- und Nordamerika. Hierzulande wurde und wird nicht nur der ganze Produktionsvorgang und die dafür notwendigen Maschinen entwickelt, auch das Design der Boxen und natürlich das Marketing kommen aus Österreich.

„Bei einem Massenprodukt wie unserem zählt schon Größe, aber ebenso Schnelligkeit, Präzision und Innovation“, betont Hofer. Schließlich verpackt eine von Ovotherm designte Anlage bis zu 250.000 Eier in der Stunde. Eine falsche Einstellung – „und Sie haben Eierspeise“. Allerdings ungewollt. Da ist schon einmal der „Rohstoff“: Das sind alte PET-Mineralwasserflaschen, die zerschnipselt, gekocht und gereinigt zu Granulat werden. Aus ihnen entsteht wiederum die Folie, die erhitzt in die entsprechende Boxenform gepresst wird. „Müll ist ohnehin der vernünftigste Rohstoff“, ist Hofer überzeugt. Karton, aus dem nach wie vor das Gros der Eierverpackungen gemacht wird, verbrauche in seiner Erzeugung viel mehr Wasser und Energie.

Sein Plädoyer für „sinnvoll eingesetzten Kunststoff“ hat daher nicht nur mit ökologischen Überlegungen und der für den Konsumenten so wichtigen „freien Sicht aufs Ei“ zu tun. Kunststoff biete gerade in Ländern mit hoher Luftfeuchtigkeit enorme Vorteile. Die Box muss viele Ansprüche erfüllen: Sie muss das Ei „atmen“ lassen, Bakterien abhalten und stoßfest sein. Beim Transport müssen Eier 20 und mehr Kilo an Druckkraft überstehen. Und Ei ist nicht gleich Ei: Jene in den USA sind breiter und niedriger als die europäischen. Ob auch die Eier in China anders beschaffen sind? Hofer lacht. Faktum sei, dass dort 43 Prozent der Weltproduktion von 65 Millionen Tonnen Eiern (eine Tonne sind 18.000 Eier) „gelegt“ würden.

„Asien ist definitiv ein Zukunftsmarkt für uns“, sagt der Unternehmer, der schon in „schwierigen“ Ländern wie dem Iran, Saudiarabien und Nigeria Geschäfte macht. Und zwar gern. „Manchmal ist es schon zäh, aber ich habe sehr gute Mitarbeiter, und ich darf die Welt sehen.“ Ovotherm exportiert derzeit in 60 Länder. Das gehe ohnedies nur mit exzellenten Mitarbeitern, streut Hofer seiner nur 25 Köpfe starken Mannschaft Rosen. Und was sagt er zu hohen Lohnkosten und strengen Arbeitzeitregelungen in Österreich? „Ich gebe ihnen alle Freiheiten, sie wissen, was wann zu tun ist, und sind daher ihr Geld wert“, lautet seine diplomatische Antwort.

Ein so großer Markt wie China übersteigt ohnedies noch die Kragenweite des Unternehmens, das 36 Mio. Euro Umsatz erzielt. Da müsste massiv an Maschinen und Menschen aufgestockt werden. Aber nicht nur das: Ein Markt sei für Ovotherm prinzipiell nur interessant, wenn der Verkauf über Supermärkte läuft. Während in China jedoch nur ein Prozent der Eier über den Handel verkauft wird (das Gros auf Märkten), sind es in Österreich und Deutschland 85 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2017)

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