Nach den Anschlägen in zwei Kirchen reagiert Präsident al-Sisi mit erhöhter Militärpräsenz. Israel hat die Grenze gesperrt. Papst Franziskus besucht Ägypten Ende April.
Kairo. In den Straßen der ägyptischen Hauptstadt, Kairo, sind Panzer in Stellung gegangen. Zuvor hat die Regierung von Staatschef Abdel Fatah al-Sisi den Ausnahmezustand verhängt. Diese Maßnahme soll zunächst für drei Monate gelten. Die ägyptischen Sicherheitskräfte erhalten dadurch weitreichende Befugnisse was beispielsweise Festnahmen und Überwachungen betrifft.
Der Notstand ist die Reaktion auf die beiden Attentate auf ägyptische Kirchen am Palmsonntag. In zwei koptischen Gotteshäusern, in Tanta am Nildelta und in Alexandria, sprengten sich zwei Selbstmordattentäter in die Luft, ermordeten mindestens 44 Menschen und verletzten weitere 100 Personen. Der sogenannte Islamische Staat (IS) hat die Tat für sich reklamiert und mit einer weiteren Gewaltwelle gedroht.
„Kampf wird schmerzhaft“
Die Regierung von Staatschef al-Sisi gab bekannt, dass das Militär die Polizei beim Schutz von Einrichtungen unterstützen werde. Und al-Sisi warnte: Der Kampf gegen Jihadisten werde „lang und schmerzhaft“ sein.
Israel kündigte am Montag an, den Grenzübergang zur Sinai-Halbinsel abzuriegeln und somit keine israelischen Urlauber auf die ägyptische Seite des Roten Meeres durchzulassen. Darüber hinaus hat Jerusalem seine Bürger aufgefordert, Ägypten zu verlassen. Die Grenze soll bis zum Ende des Pessachfestes am 18. April geschlossen bleiben. Viele Israelis verbringen die Feiertage in Ägypten, und dort ist die Lage derzeit extrem angespannt.
Blutspenden in Moscheen
In Tanta sind zwischenzeitlich die ersten Opfer beerdigt worden. Trauer vermischte sich mit Wut, denn die Gemeinde prangert die laxe Sicherheitspolitik Kairos an. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge haben Polizisten erst vor rund einer Woche eine Bombe in Kirchennähe entdeckt und entschärft. In mehreren Moscheen sind unterdessen Solidaritätsaktionen angelaufen, wobei Menschen Blut spenden konnten. Vor allem im Spital in Tantra war das Blut knapp, die örtliche Moschee hat ihre Mitglieder per Lautsprecher zu Spenden aufgerufen.
Die koptischen Christen machen rund zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung aus, sie waren in den vergangenen Jahren immer Ziel von Anschlägen.
Ende April steht ein Besuch von Papst Franziskus in Ägypten an, auch das dürfte der Grund für den Ausnahmezustand sein. Aus dem Vatikan hieß es, der Papst werde trotz der fragilen Sicherheitslage nach Ägypten reisen.
Das Land am Nil hat gewissermaßen Erfahrung mit dem Ausnahmezustand, unter Langzeitmachthaber Hosni Mubarak galt der Notstand drei Jahrzehnte lang. Dessen Abschaffung war eine der Forderungen während des Arabischen Frühlings.
Danach hat al-Sisi den Ausnahmezustand für einen Monat ausgerufen, als er Mohammed Mursi vom Präsidentenamt wegputschte. Der Muslimbruder Mursi war der erste frei gewählte Präsident des Landes. Und auf der Sinai-Halbinsel, auf der Jihadisten ihr Unwesen treiben, gilt der Ausnahmezustand seit Jahren. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2017)