Roland Düringer: „Ich habe einen Weg gefunden, Gott für mich zu erklären“

Für Roland Düringer ist Gott keine Tabuthema.
Für Roland Düringer ist Gott keine Tabuthema. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Kabarettist und Autor Roland Düringer sagt: Das Leben als Kreislauf kommt seinem Gottesbegriff sehr nahe. Eine Passage aus dem Gespräch.

Sie haben das Stichwort Demut gebracht. Jetzt weiß ich, dass in künstlerischen und intellektuellen Kreisen die Frage nach Gott in unseren Breiten ziemlich tabu ist. Weil es viele Missverständnisse, Bilder gibt . . .

Roland Düringer: Die Frage nach Gott ist überhaupt kein Tabuthema, ich stelle sie mir oft. Ich habe einen guten Weg gefunden, Gott für mich zu erklären: Immer wenn irgendwo Gott steht, streiche ich das Wort durch und schreibe „Leben“ hin, dann ist es für mich eigentlich Gott.

So wie Sie „Ich“ durchstreichen.

Ich ersetze es durch etwas anderes. Warum? Weil ich glaube, dass das, was wir als Leben bezeichnen, ja in Wirklichkeit nur unsere Lebensgeschichte ist. Aber das, was Leben wirklich ist, was Leben ausmacht, das können wir nicht beschreiben. Das, was Leben ist, ist ein Kreislauf, [. . .]. Und dieses Verständnis von Leben kommt meinem Gottesbegriff relativ nahe. Aber ich kann mich damit beschäftigen, ich kann nach dem Sinn des Lebens fragen. Wenn man mich jetzt fragen würde „Was ist der Sinn des Lebens?“, kann ich nur eine einzige Antwort geben: Dass wir zwei jetzt da sitzen und ein Interview geben. Das ist momentan meine Bestimmung, unser beider Bestimmung.

Haben Sie denn Hoffnung, dass es etwas außerhalb unseres Lebens gibt, was bleibt? Was über unseren Tod hinaus bleibt?

Die Frage stelle ich mir am Ende meines jetzigen Vortrags immer, jeden Abend, wenn ich sage: „Die letzte Frage des heutigen Vortrags ist: Gibt es ein Leben nach dem Tod?“ Dann sage ich einmal Ja. Weil der Körper lebt weiter, die Mikroorganismen fangen an, uns zu zerlegen. Das ist Leben.

Das ist [. . .] eine organische Betrachtung.

Und dann gehe ich weiter: Was passiert mit der Seele, mit dem Geist, mit dem Bewusstsein? Da kann ich nur eine einzige Antwort darauf geben: Es wird wurscht sein. Entweder: Es ist nix. Dann ist eben nichts. Und vor nichts brauche ich mich nicht fürchten. Oder es passiert etwas, was wir uns nicht vorstellen können. Dann ist es auch gut. Man kann's als eine Geburt betrachten, und ich kann mir denken, nachher geht's weiter, in welcher Form auch immer. Dann ist es vielleicht ein anderes Gehen und Loslassen, als wenn ich Angst davor habe, etwas zu verlieren. Aber es ändert nichts.

[. . .] Sich mit Gott zu identifizieren, ist eine große Versuchung des Menschen und hat schon sehr viel Unheil in die Welt gebracht, sowohl politisch als auch . . .

Ich glaube, es ist umgekehrt. Dieses Getrenntsein von Gott, zu glauben, dass Gott eine Instanz ist, die uns strafen kann, die mit uns etwas vorhat, das hat viel Leid ins Leben der Menschen gebracht. Ganz viele schreckliche Dinge sind da passiert – immer im Namen Gottes. Aber das ist nicht Gott – für mich. Das ist so, wie wenn man zu einem Wassertropfen sagt: „Was, glaubst du, bist du?“ Und der Wassertropfen in einem Ozean sagt: „Ich bin der Ozean.“ „Na gut, jetzt maß dir nicht an, dass du der Ozean bist. Du bist vielleicht ein Teil vom Ozean.“ Nur: Ohne einen Wassertropfen gäbe es keinen Ozean. Also, das kannst du nicht trennen. Ein Teil davon zu sein oder das Ding an sich zu sein, das kann man nicht trennen. Wenn es nur das Ding gibt, dann sind wir alle das Ding. Jeder Gedanke, der aus uns rauskommt, ist damit etwas Göttliches. Ist ein Teil von Gott, vom großen Ganzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2017)

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