Marathon-Drillinge

Aller guten Dinge sind drei

Wer ist wer? Leila (l.), Liina und Lily Luik, sie sind die Marathondrillinge.
Wer ist wer? Leila (l.), Liina und Lily Luik, sie sind die Marathondrillinge.REUTERS
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Als „Trio für Rio“ schrieben die Drillinge Lily, Liina und Leila Luik Olympiageschichte. Die Leichtathletinnen aus Estland stehen nächsten Sonntag auch beim Wien-Marathon im Blickpunkt. Ein Gespräch über Familie, Sport und Gemeinsamkeit.

Der Wien-Marathon schreibt jedes Jahr seine eigenen Geschichten. Es geht nicht bloß um afrikanische Sieger, die Distanz von 42,195 Kilometern, das 30.000 Menschen starke Starterfeld, das Streben nach Rekorden oder dem Siegerscheck. Es sind die Lebensgeschichten der Menschen, die dieses Rennen bestreiten, die unter die Haut gehen. Ihre Emotionen, Impressionen, Erlebnisse, ihre Freude, der Schmerz, das Meistern dieser Qualen.

Wien sah schon viele Sieger, aber viel zu lange und getrost noch viel länger keinen mehr aus Österreich, Weltstars wie Haile Gebrselassie oder Paula Radcliffe. Aber heuer ist ein Bild schon für die Ewigkeit reserviert, noch ehe am nächsten Sonntag, 9 Uhr, der Startschuss überhaupt gefallen ist. Nicht nur des Anblicks, sondern auch der Einzigartigkeit wegen. Denn es stehen Drillinge am Start, sie nehmen das 10-Kilometer-Rennen unter die Beine: Leila, Liina und Lily Luik aus Estland.

Die Estinnen schrieben Leichtathletik-Geschichte als „Trio für Rio“, nachdem sie im Vorjahr als erste Tripletts in der Historie bei Sommerspielen aufgelaufen waren. Das Interesse war immens, Statistiken wurden bemüht und Vergleiche gezogen. Liina ließ sich auf den Unterarm selbstredend drei „Luik“ tätowieren. Luik heißt auf Deutsch Schwan, und so fühlen sich die 31-jährigen, eineiigen Drillinge auch. Wie drei laufende Schwäne.

Familienausflug einmal anders

„Wir machen wirklich fast alles gemeinsam. Rennen, Events, Training – wir waren auch als Trio in Rio, bei den Sommerspielen 2016. Jetzt kommen wir erstmals nach Wien, natürlich alle drei. Nur in zwei Punkten gibt es Differenzen: Ich und Leila wohnen in Tartu, Liina in Tallinn“, erzählt Lily Luik stolz der „Presse“ am Telefon. „Und nur Leila hat das Limit für die Leichtathletik-WM im August in London geschafft. Schade, aber da kann man nichts mehr machen.“ Da sei sie auf sich allein gestellt, die Schwestern gehen derweil auf Trainingslager.

Dass das Trio den Weg nach Wien gefunden hat, ist einem Treffen im Vorjahr in Athen geschuldet. Die Wien-Organisatoren rund um Wolfgang Konrad hätten sie eingeladen, „wir waren noch nie in Österreich und freuen uns sehr darauf“, sagt Lily. Sie wisse, das Besuche in Schönbrunn, Oper und Stephansdom warten, „aber auch, dass der Kurs flach ist, das passt in unsere Planung.“ Denn für einen Marathon sei es noch zu früh, die volle Distanz verlange ein ganz anderes Training. Sie nahmen im Kollektiv Rücksicht auf Leila und ihre WM-Vorbereitung, also starten sie nur im 10-km-Bewerb.

Lily, Liina und Leila Luikbei der Pressekonferenz "Damen-Elite" am Donnerstag.
Lily, Liina und Leila Luikbei der Pressekonferenz "Damen-Elite" am Donnerstag.APA/HANS PUNZ

Ungeplant war allerdings der Karrierestart, das Trio war 2010 am Ostsee-Strand als Lifeguard im Einsatz, verrät Lily, man erkannte ihr Lauftalent – und so nahm alles seinen Lauf. Sieben Jahre später ist Laufen ihr Beruf, dazu werden sie als Models gebucht, natürlich im Triple-pack. Sie malen und verlaufen ihr eigenes Merchandising, von Jacken bis Kaffeehäferln, Hauptsache auf allem thronen die drei Schwäne.

Der Familie gefällt dieser Auftritt. Mutter Lea wusste es ohnehin schon früh, sie verzichtete schnell darauf, dass ihre Töchter Geigen-, Cello- und Klavierstunden erhielten. „Wir konnten nicht stillsitzen, wir liefen immer nur herum“, fügt Lily hinzu. Weil sie aber erst in einem für die Leichtathletik sehr hohem Alter mit dem echten Training anfingen, „24 ist alt“, war der Versuch als Sprinterinnen schnell abgehakt. Auf der Langstrecke fühlen sie sich ohnehin wohler, man sei länger gemeinsam unterwegs. Wie bei einem Familienausflug, und doch anders.

Wie ein Lotto-Jackpot

Durch den Marathon-Sport hätten die Luik-Drillinge schon viel von der Welt gesehen, aber nur kleinere Rennen gewonnen, und dennoch: Der Auftritt in Rio blieb für Lily unvergessen. Die Wahrscheinlichkeit allein, dass einer von 1,3 Millionen Esten das Limit erbringt, war schon gering. Aber bei Drillingen, es glich einem Lotto-Jackpot. „Für uns war es wirklich sehr emotional, alle drei hatten wir es ja geschafft. Wir standen also in Rio gemeinsam am Start und konnten es gar nicht glauben.“ Sie wollten eigentlich auch zusammen, Hand-in-Hand, ins Ziel laufen. Es wäre eine Geste gewesen, ein unvergesslicher Augenblick; eine Medaille war ja ohnehin aussichtslos. Nur dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Liina musste aufgeben, Leila wurde 114. und Lily 97.

Wohin sie der Laufsport führen werde, konnte Lily Luik nicht beantworten. Sie laufe jetzt so richtig seit vier Jahren, sei mittendrin, habe Spaß. Man wachse gemeinsam, entwickle sich, dann könnte man überlegen, ob es noch Ziele gibt, die man als Familie erreichen wolle. Auch sei alles, darauf legte die Estin Wert, eine Frage der Gesundheit. Und, je älter man werde, desto mehr driften Interessen auseinander. „Abwarten, aber vielleicht schaffen wir es ja zu den Sommerspielen 2020 in Tokio. Eine Geschichte wäre das auf jeden Fall.“ Wenn, dann nur als Trio. Logisch. Aber das versteht sich bei den Luik-Drillingen von selbst.

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