Mehr Polizisten werden im Dienst verletzt

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Respektlosigkeiten und Angriffe auf Beamte nehmen zu. Zu tun habe das nach Einschätzung der Exekutive – hauptsächlich, aber nicht nur – mit jungen Zuwanderern. Bei der Polizei wünscht man sich eine forschere Gangart.

Wien. Berichte über Vorfälle mit Beamten, die im Einsatz durch Körper- oder Waffengewalt verletzt werden, werden in österreichischen Polizeiinspektionen immer häufiger geschrieben. Im Lauf der vergangenen zehn Jahre nahm ihre Zahl um 29 Prozent zu – von 807 Fällen im Jahr 2006 auf zuletzt 1039 Fälle 2016. Offiziell sprechen nur sehr wenige über die Veränderung des Klimas auf der Straße. Unter dem Schirm des Informantenschutzes schilderte der „Presse“ nun eine Führungskraft aus der Einsatzpolizei ihre Beobachtungen dazu. Der Mann sagt, dass das Klima rauer geworden ist. „Zu tun hat das hauptsächlich – aber nicht nur – mit jungen, männlichen Zuwanderern.“

Die problematischen Burschen kämen überwiegend aus Ländern, in denen sich die Polizei skrupellos mit Gewalt Respekt verschafft (Nordafrika, Irak, Afghanistan, etc.). „Bei uns aber lernen sie extrem schnell, dass hier andere Regeln für die Exekutive gelten, die Vertreter des Staats ihr Gewaltmonopol nur im äußersten Notfall auch anwenden.“ Bei Einsätzen bedeute das, dass es immer öfter zu Respektlosigkeiten, Verbalangriffen, Spuckattacken und letztendlich auch zu gewalttätigen Übergriffen gegen Polizisten komme. Vor allem weibliche Einsatzkräfte hätten es dabei oft besonders schwer, sich Respekt zu verschaffen.

Der erfahrene Beamte glaubt, dass inzwischen zu viele Kollegen „eine gewisse Angst haben, für vermeintlich zu scharfes Einschreiten kritisiert oder gar bestraft zu werden“. Dabei könne gerade bei problematischen Gruppen eine forschere Gangart im Endergebnis betrachtet deeskalierend wirken, denn: „Das verstehen sie.“

Einem anderen Ressort, dem Justizministerium nämlich, erscheint das Phänomen inzwischen ernst genug, dass nun sogar das Strafrecht entsprechend angepasst wird. Der tätliche Angriff gegen einen Beamten soll künftig nicht mehr mit maximal sechs Monaten, sondern bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Und zwar mit der Absicht, dadurch das „erhöhte Aggressionspotenzial gegenüber Beamten“ einzubremsen.

Probleme auch bei der Justiz

Den Trend zur zunehmenden Gewalt gegen Vertreter des Staates bekommen nämlich auch die Mitarbeiter der Justizwache immer stärker zu spüren. Vollständige Aufzeichnungen dazu gibt es zwar erst seit 2015, seit damals stieg die Zahl der registrierten Angriffe jedoch deutlich, nämlich von 148 auf 200 im Vorjahr.

Zurück zur Polizei. Andreas Pilsl, Landespolizeidirektor von Oberösterreich, ist einer jener wenigen Spitzenbeamten, die auch in der Öffentlichkeit über das Problem sprechen. Er sagt: „Ja, das ist eine Herausforderung. Denn viele, die in ihrer Kultur die Staatsmacht ganz anders erlebt haben, glauben, dass bei einer Polizei, die nicht gleich zuschlägt, auch keine Strafe folgt.“ Dass diese Annahme falsch sei – diesbezüglich stimmt er dem „Presse“-Informanten zu – sei künftig stärker zu verdeutlichen. „Sagen wir es so: Wir müssen das feinfühlige Einschreiten robuster gestalten.“ Pilsl warnt jedoch ausdrücklich vor einem generellen Ruf nach einer härteren Gangart der Polizei. Auch wenn es momentan in Teilen der Bevölkerung bereits eine erhöhte Akzeptanz dafür gebe: „Dabei müssen wir aufpassen, so etwas kann schnell kippen.“

Ende der 1990er-Jahre war der heutige Landespolizeichef als Offizier der Einsatzeinheit selbst dort tätig, wo es regelmäßig brenzlig wurde. Seither habe die Exekutive viel Zeit in Projekte wie „Polizei.Macht.Menschen.Rechte“ investiert. Heute räumt er ein, dass dieses Projekt zwar die Polizei in ihrem Handeln modernisiert hat. Dennoch müsse der Wille zur Durchsetzung staatlicher Autorität erkennbar bleiben. Für eine vergleichsweise kleine Problemgruppe dürfe man aber nicht gleich die eigenen rechtsstaatlichen Grundsätze über Bord werfen.

Im Innenministerium sieht man die aufgezeigten Probleme von der Straße bisher gelassen. Ein Sprecher des Hauses sagt, dass man laufend dabei sei, das Phänomen des sinkenden Respekts vor der Polizei zu analysieren. Unter anderem von den Spezialisten des Einsatzkommandos Cobra. Akuter Handlungsbedarf, etwa in der Ausbildung, sei jedoch derzeit nicht gegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2017)

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