BVB-Attentäter wollte Millionengewinn machen

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Die Polizei nahm den 28-Jährigen in Baden-Württemberg fest. Er wollte offenbar durch das Attentat einen Kurssturz der Aktie des Fußballvereins auslösen und damit Geld machen.

Nach dem Sprengstoffanschlag auf den Mannschaftsbus des deutschen Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund hat die Polizei Freitagmorgen in Baden-Württemberg einen Tatverdächtigen festgenommen. Laut Mitteilung der deutschen Bundesanwaltschaft scheint der mutmaßliche Täter, Sergei W. wohl auf einen durch den Anschlag verursachten Kursverlust der BVB-Aktie gesetzt zu haben, um dadurch nach eigenen Angaben einen Millionengewinn einstreichen zu können. Ein Broker, der das Geschäft wegen des Verdachts auf Geldwäsche bei den Behörden gemeldet hatte, brachte die Ermittler auf die Spur.

Der 28 Jahre alte Tatverdächtige habe in Rottenburg am Neckar nahe Tübingen gewohnt. Er sei seit dem 13. April - zwei Tage nach dem Rohrbombenanschlag auf den BVB-Bus mit zwei Verletzten - per Haftbefehl wegen 20-fachen versuchten Mordes und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion gesucht worden. Die Polizei sucht laut Medienberichten am Freitag außerdem nach zwei Komplizen des Mannes. Die beiden sollen den Angaben zufolge einen Leihwagen in Freudenstadt abgeholt haben - in dem dann möglicherweise die Sprengsätze nach Dortmund gebracht worden seien.

Der Verdächtige habe die deutsche und russische Staatsangehörigkeit. Ihm werden von der Bundesanwaltschaft versuchter Mord, Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Bundesanwaltschaft wollte um 12.30 Uhr über den Stand der Ermittlungen informieren.

Bombe mit Metallstiften gespickt

Am Dienstag vergangener Woche hatten vor dem Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco drei Sprengsätze am Mannschaftshotel gezündet, während der BVB-Bus vorbeifuhr. Dabei wurde der Abwehrspieler Marc Bartra in dem Fahrzeug von Splittern getroffen und schwer verletzt. Ein Motorradpolizist erlitt ein Knalltrauma.

Die Sprengsätze beim Anschlag seien mit Metallstiften gespickt gewesen. Einer der Stifte sei noch 250 Meter entfernt gefunden worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Den Angaben zufolge waren insgesamt drei Sprengsätze über eine Länge von zwölf Metern in einer Hecke entlang der Fahrstrecke des Busses angebracht und "zeitlich optimal gezündet" worden. Der mittlere war aber zu hoch befestigt, um seine Wirkung voll entfalten zu können. Jeder Sprengsatz wurde nach ersten Erkenntnissen separat über eine elektrische Funkschaltung gezündet. Zur Art des Sprengstoffs gab es noch keine Erkenntnisse.

Verdächtiger spekulierte auf fallende Kurse

Laut Bundesanwaltschaft hat der Beschuldigte am 11. April - dem Tag des Anschlags gegen den BVB-Bus - 15.000 Verkaufsoptionen für 78.000 Euro in Bezug auf die BVB-Aktie erworben. Die Papiere hätten eine Laufzeit bis zum 17. Juni gehabt. Der Kauf wurde demnach über einen Online-Anschluss des Mannschaftshotels abgewickelt. Der Beschuldigte habe die Papiere über einen am Anfang April 2017 aufgenommenen Verbraucherkredit finanziert, hieß es.

Der Käufer spekulierte laut Generalbundesanwaltschaft (GBA) auf fallende Kurse - die Höhe des Gewinns hänge von der Höhe des Kursverlustes ab. Mit einem erheblichen Kursverfall wäre zu rechnen gewesen, wenn wegen des Anschlags Spieler schwer verletzt oder sogar getötet worden wären. Der Verdächtige sei wie die Mannschaft Gast im Mannschaftshotel gewesen und habe dort bereits am 9. April ein Zimmer im Dachgeschoß mit Blick auf den späteren Anschlagsort bezogen.

Die Aktien von Borussia Dortmund haben sich unterdessen um zwei Prozent erholt. Am ersten Handelstag nach dem Anschlag war die Aktie zunächst etwas abgerutscht, schloss letztlich aber 1,7 Prozent im Plus. Mehr Auswirkung auf den Kursverlauf hatten die sportlichen Leistungen: Am Vortag war die Aktie nach dem endgültigen Aus im Viertelfinale der Champions League um rund 3,5 Prozent gefallen.

Wie Put-Optionen funktionieren

Der mutmaßliche Attentäter auf den Bus des deutschen Fußballklubs BVB soll nach Erkenntnissen der Ermittler mit sogenannten Put-Optionen auf einen Wertverfall der Klubaktie spekuliert haben. Käufer von Put-Optionen erwerben das Recht, einen sogenannten Bezugswert wie etwa eine Aktie in einem bestimmten Zeitraum - oder zu einem bestimmten Zeitpunkt - zu einem vorher festgelegten Preis zu verkaufen.

Im Gegenzug ist der Verkäufer dieser Option verpflichtet, den Wert zu dem festgesetzten Preis auch zu kaufen - unabhängig davon, wie hoch der Kurs zu diesem Zeitpunkt liegt. Der Käufer der Put-Option rechnet also mit fallenden Kursen. Nur dann kann er mit diesem Instrument Geld verdienen. Der Verkäufer geht vom Gegenteil aus. Dafür, dass er die vereinbarte Kaufsumme jederzeit zur Verfügung haben muss, erhält er vom Käufer eine Prämie. Steigen die Kurse, macht der Verkäufer mit dieser Prämie Gewinn. Fallen die Kurse, verdient der Käufer mit seiner Wette Geld.

(APA/dpa)

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