Brüssel fordert in einem Papier die Rückzahlungen britischer Schulden auch nach dem Brexit in Euro. London soll lebenslange Rechte von EU-Bürgern garantieren.
Die EU will Großbritannien einem Dokument zufolge noch Jahre nach dem Brexit zu jährlichen Zahlungen und der Erlaubnis für einen Familiennachzug von EU-Ausländern ins Königreich verpflichten. "Ein ordentlicher Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union erfordert die Regelung der finanziellen Verpflichtungen, die vor dem Austrittstermin eingegangen wurden", heißt es in einem Verhandlungspapier, das als Grundlage für das Verhandlungsmandat von EU-Chefunterhändler Michel Barnier dienen soll.
Dem Entwurf zufolge soll in den Verhandlungen eine Summe festgelegt werden, die Großbritannien zu zahlen hat und die sich aus eingegangenen Verpflichtungen für Pensionen oder EU-Projekte ergeben, die weit über den Brexit im März 2019 hinausreichen. Diese Verpflichtungen sollten angesichts der Kursschwankungen des britischen Pfund "in Euro festgelegt werden".
EU fordert 60 Milliarden Euro
Die Höhe der britischen Schulden bei der EU werden darin allerdings nicht beziffert. In der Vergangenheit hatten EU-Vertreter von 60 Milliarden Euro gesprochen. In London wurde diese Einschätzung entschieden zurückgewiesen, und die Schulden wurden mit etwa 20 Milliarden Euro angegeben. Für den Umzug der EU-Bankenaufsicht EBA und der EU-Medizinagentur EMA aus London in ein Land der Union soll allein Großbritannien aufkommen.
Das Königreich soll zudem die lebenslangen Rechte der EU-Bürger garantieren, die dort zum Zeitpunkt des Brexit-Tages wohnen. Dazu gehört das Recht auf Arbeit. Auch die Pensionsansprüche derjenigen, die das Land bis dahin verlassen haben, sollen gewährleistet werden. Zudem dürfen dem Entwurf zufolge Familienangehörige auch nach dem EU-Austritt nachgeholt werden und sollen dieselben Rechte auf den britischen Inseln genießen.
Derzeit leben rund drei Millionen EU-Ausländer in Großbritannien. Die britische Premierministerin Theresa May will den Zuzug aus dem Ausland auf unter 100.000 Menschen pro Jahr begrenzen. Die Verhandlungen zwischen London und Brüssel sollen nach den Neuwahlen in Großbritannien am 8. Juni beginnen.
London soll Rechtsprechung des EuGH weiter akzeptieren
Die Staats- und Regierungschefs der 27 übrigen EU-Länder wollen am 29. April bei einem Gipfel in Brüssel die Ausrichtung der Brexit-Verhandlungen festlegen. Genauere Leitlinien sollen am 22. Mai beschlossen werden. Bei der Abschlussrechnung der EU an London und dem künftigen Status von EU-Bürgern in Großbritannien werden besonders schwierige Verhandlungen erwartet.
In Erwartung von Streitigkeiten wird in dem Papier "eine institutionelle Struktur" gefordert, die "eine wirksame Umsetzung der Verpflichtungen in dem Abkommen sicherstellen" soll. London müsse daher die Rechtsprechung des Gerichtshofs in Luxemburg (EuGH) auch nach dem britischen EU-Austritt 2019 akzeptieren.
Die britische Premierministerin Theresa May hatte am 29. März offiziell den Austritt ihres Landes aus der EU beantragt. Die Verhandlungen darüber müssen innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden. May beraumte allerdings diese Woche vorgezogene Parlamentswahlen für den 8. Juni an, so dass die Verhandlungen mit Brüssel erst danach beginnen dürften.
(APA/AFP/Reuters)