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CreativeClass

CreativeClass: Sehnsucht nach dem Westen

"Dead White Men's Clothes": Der Künstler Jojo Gronostay hat Second-Hand-Mode in Ghana eingekauft und in einen neuen Kontext gestellt. Mode im Zusammenspiel mit dem Postkolonialismus, dem Kapitalismus und der Frage nach der eigenen Identität.
25.04.2017 um 12:11
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Auf dem Kantamanto-Markt in Accra in Ghana verkaufen 30.000 Händler ihre Ware. Meistens Second-Hand-Kleidung, die aus Europa, Nordamerika oder China stammt. Und die für die Käufer zu einer Art Sehnsuchtsgegenstand wird, wenn man dem Wiener Künstler Jojo Gronostay Glauben schenkt: Obroniwawu werden die Second-Hand-Stücke genannt - was übersetzt so viel bedeutet wie die "Kleidung des toten weißen Mannes". Gronostay erzählt: "Als diese Kleidung vor Jahrzehnten das erste Mal in Ghana verkauft wurde, waren die Menschen überzeugt, dass die Leute, die diese Sachen schickten, gestorben sein müssten - andernfalls würden sie die Kleidung ja nicht umsonst hergeben."

Lukas Gansterer

Der Markt inspirierte Gronostay jedenfalls dazu, eine Modekollektion als Kunstprojekt zu gestalten - das er, passenderweise, "Dead White Men's Clothes" nannte. "Ich hatte mich schon länger mit dem Phänomen der Replikakleidung auseinandergesetzt", erzählt der Künstler. Bei einer Reise nach Ghana im Februar stieß er "eher zufällig" auf den Kantamanto-Markt. Vier, fünf Stunden dauerten seine Besuche auf dem Markt jedes Mal an; er sah sich dort die Ware an, kaufte ein. Zurück in Europa begann er damit, die Kleidung umzulabeln: "Ich habe aber nicht viel daran verändert, manchmal einen Schriftzug daraufgesetzt oder ein Logo."

Lukas Gansterer

Gronostay will mit dem Projekt auf gleich eine Reihe von Themenkomplexen hinweisen. Einerseits auf den "kapitalistischen Kreislauf der Mode": die gespendeten Kleidungsstücke, die nach Ghana gebracht werden - was freilich wieder kostet - und dort verkauft werden. "Der Handel mit Second-Hand-Kleidung zerstört auch die Textilbranche in Ghana", meint Gronostay. Andererseits das Streben der Käufer der Kleidung nach einem anderen - westlichen - Lebensstil, der im besten Fall günstig zu bekommen ist. Außerdem war die Arbeit für Gronostay auch eine Reise zu den eigenen Wurzeln: Sein Vater stammt aus Ghana; seine letzte Reise in das Land lag schon lange Zeit zurück. "Bei dem Projekt geht es auch um Identität", sagt Gronostay.

Lukas Gansterer

Dass sich Gronostay bei "DWMC" einer fremden Formsprache bedient und mit Labels spielt, mag an die Arbeit von Vetements erinnern - habe aber damit nichts zu tun, wie der Künstler sagt. "Nicht nur Vetements, gleich ein paar Labels stellen zur Zeit interessante Fragen im Modediskurs", meint er. Die Marke Comme des Garcons war auf jeden Fall ein großer Einfluss auf Gronostay, der sich an eine Kampagne des Labels erinnert, bei der schlicht der Name der Marke unter Kunstwerke gepackt wurde: "Kunst, Werbung, was ist was? Was sagt Mode über Kommunikation aus?"

Lukas Gansterer

Zu sehen sind die "Dead White Men's Clothes" als Fotodokumentation von Jojo Gronostay und Lukas Gansterer auf dem Take Festival in Wien (Alte Post, bis 29. April). Am 29. April wird die Kollektion im Kevin Space in Wien (Volkertstraße 17) präsentiert - wo man an dem Tag die Teile auch erwerben kann.

Lukas Gansterer

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