Erdogan: "EU ohnehin am Rande der Auflösung"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schließt ein EU-Referendum nicht aus.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schließt ein EU-Referendum nicht aus. REUTERS
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die Haltung gegenüber der EU überdenken. Man spreche immerhin "bereits seit 54 Jahren". Er schließt ein EU-Referendum nicht aus.

Die Türkei könnte nach den Worten von Präsident Recep Tayyip Erdogan ihre Position zu einem EU-Beitritt revidieren, wenn das Land weiter hingehalten werde. Er sei bereit, ein Referendum zur EU abzuhalten, sagte Erdogan am Dienstag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters: "Warum sollen wir noch länger warten? Wir sprechen bereits seit rund 54 Jahren."

In Großbritannien habe es ebenfalls eine Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft gegeben, sagte er mit Blick auf das Brexit-Referendum. "Sie haben nun Sicherheit, sie beschreiten den Weg in eine neue Zukunft (...) Das könnte auch die Türkei tun." Die EU sei ohnehin am Rande der Auflösung, sagte er mit Blick auf Frankreich, wo die EU-Gegnerin Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National am Sonntag den Einzug in die Präsidentenstichwahl schaffte. Die EU habe nicht begriffen, dass sie die Türkei brauche, um ihr Fortbestehen zu sichern. "Sie finden es sehr schwierig, ein muslimisches Land wie die Türkei aufzunehmen."

Erdogan kritisiert formales Verfahren

Erdogan kritisierte die Entscheidung des Europarats, ein formales Verfahren gegen die Regierung in Ankara wegen des umstrittenen Verfassungsreferendums und des Vorgehens gegen Oppositionelle einzuleiten. Der Schritt sei politisch motiviert, sagte der Präsident. Der Europarat hatte am Dienstag dafür gestimmt, die Türkei unter Beobachtung zu stellen. Die Institution überwacht die Einhaltung von Menschenrechten und ist keine Institution der Europäischen Union. Ihm gehören insgesamt 47 Staaten an, darunter die Türkei und Russland.

Die Entscheidung könnte Einfluss auf die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei haben, die schon lange nicht vom Fleck kommen. In der EU mehren sich die Stimmen, die ein Ende der Gespräche fordern. Erdogan steht wegen des von ihm gewonnenen Verfassungsreferendums unter Beschuss, das ihm mehr Macht einräumen soll. Auch seine Maßnahmen gegen die Presse und angebliche Gegner nach dem gescheiterten Putsch vom Juli sowie seine Nazi-Vergleiche gegenüber Deutschland und den Niederlanden haben in der EU viel Unmut ausgelöst.

(APA/Reuters)

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