Grün-Mandatarin: „Urabstimmung ist kein Badeausflug“

Ein Entwurf für das umstrittene Bauprojekt am Heumarkt
Ein Entwurf für das umstrittene Bauprojekt am HeumarktWertinvest
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Grün-Mandatarin Faika El-Nagashi hat der „Presse“ einen Text zur Urabstimmung über das Heumarkt-Projekt übermittelt.

Eine Urabstimmung ist kein Badeausflug. Sie wird nicht eingeleitet bei Schönwetter und nicht, um sich zwischen Mittagstischen zu entscheiden. Sie dient der Innenschau und der Herstellung einer Mehrheit. Sie beruft sich auf die grüne DNA: die Basis. Dass es nicht jede Woche eine Urabstimmung gibt, macht diese erste ganz besonders. Sie gibt vor, wie wir mit uns selbst auferlegten Regeln umgehen. Dabei ist „basisdemokratisch“ nicht nur eine Regel – es ist ein Grundwert, ein Bekenntnis. Und was sind wir, wenn wir dieses Bekenntnis nicht ernst nehmen? Was sind wir, wenn wir es ernst nehmen?

18 Stimmen sind ein knappes Ergebnis – meine Lieblingszahl ist es nicht. Die Beteiligung war niedrig. Ja, wahrscheinlich geht es um ein Projekt, das zwischen Windeln wechseln, Job suchen, Cent zählen und Welt retten auch für die meisten Grünen nicht Thema Nummer eins war. Trotzdem scheint es zur Zerreißprobe zu werden.

In Zeiten, in denen wir interne Konflikte über Social Media austragen und politische Kommunikation in Facebook-Likes und Videos-Klicks gießen, erscheint eine Urabstimmung fast schon anachronistisch. Bloß – wurde kommuniziert, dass sich die Zeiten geändert haben? Dass, wer nicht mit der Zeit geht, übrig bleibt? Dass wir heute #wienliebe und #nofilter sind und freies Mandat > Urabstimmung?

Ich habe für das Projekt gestimmt. Emotionslos gegenüber dem Weltkulturerbe, überzeugt davon, dass die soziale Infrastruktur Mehrwert bringt, skeptisch gegenüber Gewinnen der Investoren. Wie sich 1,8 Millionen Menschen in Wien entschieden hätten, weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass ich die Kritik, die von einer Mehrheit der Grünen geäußert wurde, höre.

(c) Grüne Wien

Ich werde daher nicht zustimmen. Das Mandat ist nicht nur gegenüber der Basis frei, sondern in jede Richtung. Ich respektiere andere Entscheidungen meiner KlubkollegInnen. Niemand von uns macht es sich hier leicht. Wir ziehen unterschiedliche Schlüsse für unser politisches Handeln – das ist legitim. Gemeinsam arbeiten wir für die rot-grüne Gegenwart und Zukunft dieser Stadt: Und das ist tatsächlich nicht weniger, als eine nachhaltige und sozial gerechte Stadt für alle.
Faika El-Nagashi, Grün-Mandatarin im Wiener Gemeinderat

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